Kurze Kajakreise auf dem Main 2018

Schon länger stand bei mir das Thema "Gepäckfahrt mit dem Kajak auf dem Main" auf der Wunschliste. Also haben wir uns für diese Aktion jetzt mal eine knappe Woche Zeit genommen und für den Start in Bamberg einen Platz zum Zelten am Bootshaus des dortigen Kanuvereins reserviert. In der zur Verfügung stehenden Zeit (6 Paddeltage) sollte es möglich sein, eine Tagesfahrt oberhalb von Bamberg zu machen und dann mit Zelt im Boot etwa bis nach Würzburg zu kommen.

Anreise

Den letzten Arbeitstag vor dem Urlaub sollte man sich frei nehmen - diese Weisheit erwies sich wieder einmal als nicht unbegründet. Erst nach 1900 Uhr schaffte ich es, das Büro zu verlassen. Dann galt es, noch das ganze Gepäck zusammenzupacken. Das war zwar umfangreicher als sonst, da die Campingausrüstung noch dazukam, stellte uns aber nicht vor unlösbare Aufgaben. Am nächsten Morgen dann Aufstehen um 700 Uhr, Brötchen holen und verspeisen, alles ins Auto laden und dann zum Bootshaus fahren, um Ulrikes Boot auf den Dachgepäckträger zu schnallen. Ich selbst wollte mal wieder Faltboot fahren, das passte hinten in den Wagen. Um 1000 Uhr standen wir an der letzten Ampel vor den Elbbrücken.

Die Klimaanlage lief auch schon auf Hochtouren. Bereits die letzten Tage herrschte eine Affenhitze, der letzte Monat soll der wärmste Mai in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gewesen sein. Vor Hannover hieß es "unseren täglich Stau gib uns heute", das Radio sprach von einer Stunde Zeitverlust, also runter und über die Dörfer weiter. Vom Beifahrersitz aus ließ Ulrike ihr Smartphone ein Streitgespräch mit dem Tomtom-Navi führen: Das eine sagte: "Biegen Sie links ab", das andere: "Fahren Sie geradeaus", aber der Tomtom kannte halt die Verkehrslage nicht. Mit diesem Wissen kamen wir gut daran vorbei. Bei Hildesheim mussten wir dann noch durch ein Gewitter mit Starkregen, aber auch das ging gut vorüber, manchmal hat so ein Blechdach über dem Kopf eben auch Vorteile.

Um 1645 Uhr erreichten wir Bamberg. Der Platzwart, bei dem wir uns anmeldeten, kannte Hamburg und sogar unseren Verein, die Paddlerszene scheint eben doch manchmal überschaubar zu sein. Es war unter anderem eine große Gruppe aus Hildesheim hier, für Wohnwagen war es ausgebucht, aber für unser Zelt fanden wir noch einen richtig guten Platz, sogar einen, an dem unser Zelt jetzt im Schatten stand.

Bamberg: "Klein Venedig" Nachdem das also alles an Ort und Stelle war, ging es (Fußweg etwa eine Viertelstunde) in die Stadt. Bamberg liegt nicht direkt am Main, sondern an der Regnitz, die sich hier auch noch teilt und eine Insel bildet, auf der das Bootshaus steht. An dem Ufer, dem wir auf dem Hinweg folgten, bekamen wir einen schönen Blick auf einen Abschnitt, der hier "Klein Venedig" genannt wird. Die einzige Gemeinsamkeit mit der berühmten italienischen Stadt besteht hier allerdings darin, dass die Häuser direkt am Ufer standen und teilweise auf Pfählen im Wasser standen, der Baustil mit viel Fachwerk war hingegen ortsüblich, aber hübsch.

Bamberg: Das Brauhaus Schlenkerla Fränkisches Fachwerk gab es natürlich auch in der Altstadt viel zu sehen, zum Beispiel am Brauhaus "Schlenkerla", das zudem noch eine Besonderheit bot: Hier wurde ein Rauchbier ausgeschenkt. Wie uns der Platzwart schon erzählt hatte, war es hier üblich, die Gläser mit nach draußen zu nehmen und stehend auf der Straße zu trinken. Das erinnerte uns von der Atmosphäre her ziemlich an das "A Ginjinha" in Lissabon. Als dann aber von drinnen laute Gesänge zu hören waren, die sehr nach einem Junggesellenabschied klangen, gingen wir doch lieber weiter. Gar nicht weit weg davon fanden wir einen Gasthof, wo wir draußen sitzen, einen Fränkischen Wurstteller essen und eben dieses Rauchbier auch in aller Ruhe verkosten konnten. Es roch in der Tat sehr stark nach Räucherschinken, schmeckte mir aber gut.

Bamberg: Stimmungsvoller Treffpunkt an der Unteren Brücke Der Dom war schon geschlossen, als wir dort ankamen, genauso der Rosengarten nebenan. Immerhin war der Domplatz entsprechend leer, so dass wir den Anblick des Bauwerkes wenigstens von außen genießen konnten. Zurück in der Altstadt gefiel und die Atmosphäre an der "Unteren Brücke", wo eine Menge junger Leute in kleinen Gruppen auf den Mauern saßen und sich unterhielten. Auf dem Rückweg am anderen Regnitzarm entlang gab es dann noch einmal richtig Party. Hier wurden wir nämlich von einem Ausflugsschiff überholt, dessen Oberdeck von tanzenden Jugendlichen brodelte. Die Musik dazu war kilometerweit zu hören, meist spielten sie Disco-Partymucke, später hörten wir dann aber auch Helene Fischer (Schande über mich, ich habe es erkannt, Ulrike nicht). Zu unserem Glück ist der Dampfer dann aber in der Nacht nicht noch einmal an unserem Platz vorbeigekommen, mit welcher Mucke auch immer.

Sa, 02.06.2018

In der Nacht war es wider erwarten so kühl, dass auf den Schlafsack doch nicht vollständig verzichtet werden konnte. Aber zum Frühstück suchten wir uns dann doch eine Bank im Schatten, bevor wir zur Vorfahrt mit dem Auto nach Ebensfeld aufbrachen. Die Einsatzstelle war schnell gefunden, auch hier fand sich Schatten, und der Main strömte hier auch erfreulich flott. Während ich somit in Hochstimmung mein Faltboot aufbaute, nutzte Ulrike die Zeit und brachte das Auto zurück in den Ort an den Bahnhof, wo ich es nach der Tour dann abholen sollte.

"Strömung!" Um 1130 Uhr waren wir dann unterwegs. Unser Startplatz befand sich zwar im Bereich einer kleinen Stromschnelle, so dass unsere Erwartungen an die Fahrtgeschwindigkeit nicht ganz hundertprozentig erfüllt wurden, aber es ging immer noch ganz gut. Und hier waren wir jetzt mitten in der Natur. Blau schillernde Libellen huschten neben uns über das Wasser, Vogelgezwitscher um uns herum, in der Ferne der Ruf erklang des Kuckucks. Öfters trafen wir Enten und Gänsefamilien mit kleinen Puschelküken. An einer der nächsten Stromschnellen stand ein Graureiher und wies mit seinem Schnabel auf die Seite der Durchfahrt, erhob sich dann majestätisch in die Lüfte, nachdem er sah, dass wir seine Botschaft verstanden haben. So ging es in munterem Wechsel von schnelleren und ruhigeren Abschnitten durch das mit viel Baum- und Buschwerk bestandenem Land. Offenbar wird diese Ecke nicht umsonst "Fränkisches Paradies" genannt. Auch der Mensch schien sich dem zuweilen anzupassen, mehrfach gingen Nacktbader vor uns zur Seite. Aber auch ein paar andere Paddler trafen wir, oft sogar zusätzlich noch mit Schwimmwesten bekleidet, also höchstwahrscheinlich Leihbootfahrer.

Naturbelassene Landschaft im Fränkischen Paradies Das Paradies hatte seine Grenze dort, von wo aus man die Autobahn hören konnte, und deshalb musste wohl auch ab hier die Strömung komplett zum Erliegen gekommen sein. Kurz hinter der Brücke gab es links noch einen toten Altarm, aber 500 m weiter kam dann von dort unsere Regnitz. Die mussten wir nun noch 3,7 km hoch zum Bootshaus mit unserem Zelt fahren, und zum Zeichen, dass das Paradies eben niemals wiederkommt, kam uns auf diesem Stück das Wasser leicht entgegen, und Schatten gab es hier auch schon länger keinen mehr. Aber auch das war zu schaffen, um 1700 Uhr legten wir an. Einer der anderen Paddler ließ hier seinen schneeweißen Hund baden und erklärte auf unsere entsprechenden Kommentare hin, der Hund würde normalerweise nach so einer Aktion nach einer Stunde wieder so weiß aussehen wie vorher, nur seine Wohnung leider nicht.

Nachdem wir unsere Boote per Bootswagen zum Zelt gebracht hatten, machte ich mich auf zum Bahnhof, um das Auto abzuholen. Auf dem Weg dorthin ging neben mir eine Dame, die ihrer jugendlichen Enkelin erklärte, sie hätten sich etwas verschätzt und müssten sich nun etwas beeilen, danach fragte sie mich, ob das hier richtig zum Bahnhof wäre. Mit dem Navi in der Hand konnte ich das bestätigen und fragte sie wiederum, ob sie zufällig Richtung Ebensfeld führen, denn dann müsste ja auch ich mich etwas beeilen. Aber sie fuhren nach München. Das mit dem Beeilen war trotzdem keine schlechte Idee, ich hatte gerade noch Zeit, mir eine Fahrkarte und etwas Kühles zu Trinken zu besorgen, bevor mein Zug kam. Damit fuhr ich fünf Stationen (erwartungsgemäß wurde an jeder Milchkanne angehalten), konnte aber hier und da einen kurzen Blick auf die heute zurückgelegte Paddelstrecke erhaschen. Mein Zielbahnhof bestand auch nur aus zwei Bahnsteigen mit Fahrkartenautomaten sowie einer Unterführung, an deren jenseitigem Ausgang Ulrike freundlicherweise das Auto abgestellt hatte.

Heute sind wir nicht mehr noch in die Stadt gegangen, denn auch am Bootshaus gab es eine Wirtschaft, in der wir etwas essen konnten. Da mir die Bedienung jedoch nicht erklären konnte, was das Gericht "Pressack" auf der Karte so beinhaltete, haben wir auf Experimente verzichtet und ganz ordinär Pizza genommen. (Gut ein Jahr später stelle ich fest, dass mittlerweile die Betrieber gewechselt haben, der jetztigen Mannschaft dürfte dies somit nicht mehr anzulasten sein)

Tagesstrecke 32,3 km

So, 03.06.2018

Diese Nacht war deutlich wärmer als die letzte, und die Sonne, die schon früh auf unser Zelt brannte, trieb mich um 730 Uhr erbarmungslos hinaus. Der Bäcker von gestern hatte sonntags geschlossen, aber noch hatten wir das Auto zur Verfügung, da fand sich bald ein anderer. Jedoch mussten wir dann feststellen, dass sich im Laufe des gestrigen Tages unsere Butter im aufgeheizten Zelt verflüssigt hatte. Und da sie leider nicht rein war, denn jetzt schwappten zwei deutlich voneinander abgesetzte Flüssigkeiten in unserer wasserdichten, aber durchsichtigen Dose, würde sich das auch durch Kühlung nicht wieder reparieren lassen. Da hatten sie Ulrike beim Einkaufen offenbar so ein Produkt angedreht, wo die Marketingfritzen dann draufschreiben "mit Joghurt/Rapsöl/... verfeinert", welches ich aber glatt als "gestreckt" bezeichnen würde. Schade auch, gestern ist Ulrike noch los gewesen und hatte ein Geschirrhandtuch gekauft, was wir zuhause vergessen hatten. Heute nun hatten alle Geschäfte geschlossen, dann musste das jetzt eben auch so gehen.

Als wir gegen 10 Uhr mit dem ersten Boot auf dem Bootswagen zur Einsatzstelle rollten, sammelten sich davor gerade die anderen Paddler zu einer Stadtrundfahrt. Also erklärte ich noch mal kurz jemandem von denen, was wir vorhatten, denn ich wollte nicht schuld sein, dass sie in der sengenden Sonne auf uns warteten, um dann feststellen zu müssen, dass wir in die andere Richtung wollten. Somit waren sie weg, als wir mit dem zweiten Boot ankamen, und wir hatten freie Fahrt.

Da hinten gibt es Berge Schon auf dem kurzen Stück bis zum Main trafen wir auf das erste von insgesamt 5 Hotelschiffen heute. Flusskreuzfahrten schienen hier äußerst beliebt zu sein, und heute am Sonntag näherten sich einige dieser schwimmenden Bettenburgen ihrem Endziel. Bei einem davon stand "Travelmarvel Jewel" am Bug. So ein Name weckt bei mir ja stets den Verdacht, da sollten Hoffnungen geweckt werden, die in der Realität dann allenfalls teilweise in Erfüllung gehen werden. Denn wenn alles wirklich so toll wäre, dann könnte man sich solches Marketinggeschwätz (man merkt, ich stehe diesem Volk einigermaßen skeptisch gegenüber) einfach sparen und das Schiff auch "Susanne" taufen.

Ein anderes interessantes Schiff kam uns hier auch noch entgegen, nämlich ein Feuerlöschboot mit der Aufschrift "SAR" in einer seetüchtigen Bauart, wie man es auch beispielsweise in Rostock hätte erwarten können. Hier am oberen Main wirkte es etwas deplatziert, als hätte es irgendwo den falschen Abzweig genommen und den Fehler tagelang nicht bemerkt.

Wir warten im Schatten auf die Schleusung Nun kamen wir an die erste Staustufe bei Viereth. Hier sollte es neben der Schleuse für die Berufsschifffahrt auch eine kleine für Sportboote geben, aber laut einem großen Schild war die gesperrt. Unter dieser Info stand eine Telefonnummer, unter der sich Sportboote ersatzweise melden sollten, was wir auch taten. Der Schleusenwärter sagte, wir würden in der großen Schleuse mitgeschleust, in einer halben Stunde käme mit der "Saale" das nächste Schiff. Er bezeichnete das Schiff als ein "Kümo" also ein Küsten-Motorschiff, was wir ihm nicht geglaubt, aber auch nicht mit ihm diskutiert haben. Wir sagten, wir würden so lange am anderen Ufer warten (wahrscheinlich konnte er uns von seinem Haus aus sehen), und er meinte, das können wir tun, solange wir dort niemandem auf den Keks gehen. Was zum Teufel ist da in der Vergangenheit passiert?

Bedienungsanleitung der Sportbootschleuse An der zweiten Staustufe (Limbach) stand kein Schild, aber als wir bei der Sportbootschleuse ausstiegen, schien diese defekt zu sein. Es gab eine Tafel mit geschriebener Bedienungsanleitung, aber bei Druck auf den roten Knopf passierte nichts, und die avisierte Kurbel fehlte auch. Aber es gab eine Sprechverbindung zum Schleusenmeister, und der meinte, wir sollte herüberfahren zur anderen Schleuse. Immerhin kam hier auch gerade ein Schiff, so dass wir nicht lange warten mussten.

Bei bestem wetter unterwegs Auch unsere Suche nach einem Pausenplatz unterwegs stand unter keinem guten Stern. Ein Schattenplatz sollte es schon sein, in der Sonne saßen wir in unseren Kajaks den ganzen Tag. Über weite Strecken gab es so gut wie gar keine Stelle, an der man hätte bequem aussteigen können. Und die einzige richtig tolle Möglichkeit ergab sich, als gerade zwischen uns das letzte dieser langen Hotelschiffe hindurchfuhr und ich Ulrike nicht darauf aufmerksam machen konnte. Außerdem pausierte dort schon eine Familie, die mir allerdings sehr freundlich zugewunken hatte, da hätten wir uns wohl schon noch dazugesellen können. Aber nun musste das eben auch so gehen.

Schließlich galt es, links durch einen kleinen Durchlass auf einen Baggersee zu fahren, wo unser heutiges Ziel liegen sollte, der Campingplatz von Sand am Main. Dort angekommen, mussten wir wieder einmal ein ganzes Stück mit dem Bootswagen karren. Denn wie alle deutschen Campingplätze war auch dieser fest in Dauercamperhand, und der Platz für die wenigen Durchreisenden liegt in der Regel nicht am Wasser. Dafür war aber die "Zelt"wiese nur sehr flockig belegt, außer uns nur noch ein PKW mit 2 Zelten, sonst wenige Wohnwagen und ein paar Wohnmobile. Und zwischen ein paar Obstbäumen konnten wir an einer Stelle aufbauen, die sowohl für heute Abend wie auch den nächsten Morgen Schatten haben würde. Der Imbiss nebenan hat bis 2000 Uhr kalte Getränke, was wir reichlich ausnutzten, aber nichts zu essen, war wir aber auch gar nicht mehr wollten heute. Die Sonne hat uns doch reichlich zugesetzt, und trotz ordentlich Sonnencreme begann sich die typische Paddlerbräune abzuzeichnen, mit scharfen Kanten da, wo die Hosenbeine aufhörten bzw. der Süllrand anfing, und das Muster der Sandalen war auf meinen Füßen ebenfalls schon deutlich zu sehen.

Tagesstrecke 26,5 km

Mo, 04.06.2018

Um 630 Uhr wurde es so warm, dass ich den Schlafsack beiseite warf, obwohl unser Zelt im Schatten stand. Brötchen gab es erst ab 800 Uhr. Der Junge, der zu den anderen Zelten gehörte, lief bei uns vorbei und rief ganz laut über den Platz: "Papa, du bist ein Zeltmonster!" Wir guckten hinterher und mussten feststellen, dass das Kind absolut Recht hatte. Sein Vater versuchte da hinten nämlich, so ein Wurfzelt der Marke Quechua zusammenzulegen, kam damit nicht so recht klar und vollführte dabei äußerst groteske Bewegungen.

Noch vor dem Aufbruch hatte ich mein T-Shirt unter den Wasserhahn gehalten und dann nass angezogen, und obwohl zu Anfang der Himmel noch bedeckt war, war der Kälteeffekt nach einer Stunde buchstäblich verflogen.

Tief unten in der Sportbootschleuse Die dritte Sportbootschleuse der Route (Knetzgau) war nun auch die erste, die funktionierte. Das heißt, möglicherweise funktionierte die letzte auch, denn ich stellte hier an dieser fest, dass der große Pilz, der ganz so aussah wie ein Not-Aus-Schalter, zumindest hier der "rote Knopf" war, mit dem man den Schleusenvorgang starten sollte. Den hatte ich mich bei meinem Versuch gestern in Limbach nicht zu Betätigen getraut, aber da hatte es auch noch einen anderen, kleineren roten Knopf gegeben. Tatsache ist, dass hier und bei allen weiteren Sportbootschleusen, die wir benutzt haben, immer der "Pilz" der Knopf war, den man betätigen musste. Eine weitere wichtige Erkenntnis ergab sich, als mein Faltboot, das Ulrike unten leer neben sich liegen hatte, plötzlich auf einer Betonstufe trockenfiel. Darunter befand sich wohl eine Kammer, welche den Fluss des von oben einströmenden Wassers bremsen sollte. Es gab auch eine gelbe Markierung dazu, aber wir hatten uns zunächst nicht vorstellen können, was das sollte. Also hurtig noch einmal wieder ein kleines Stück hoch, bis das Boot wieder frei lag, und in Zukunft aufgepasst!

Blick aus der Sportbootschleuse flussabwärts An der vierten Schleuse (Ottendorf) war es an mir, im Boot zu bleiben, während Ulrike losging, um erst einmal die Schleuse zu fluten, denn die letzten hatten alles so gelassen, nachdem sie herausgefahren waren (es gehört zum guten Ton, am Ende wenigstens unten zu schließen und oben zu öffnen, damit eventuelle Nachfolger die Schleuse schon bereit zur Talfahrt vorfinden). Nach einer Weile kam sie wieder und sagte: "Das wird dauern! Hier läuft das Wasser ganz langsam." Noch eine Weile später wollte ich mir eigentlich nur die Beine vertreten und stieg aus. Eher aus Langeweile guckte ich mir das etwas genauer an und kam zu der nächsten Erkenntnis: Die Schleusentore haben oben in der Mitte einen kleinen Kasten, und erst, wenn dort drauf ein roter Zylinder ganz ausgefahren ist, ist auch der Schieber ganz offen.

Trotzdem dauerte das immer noch seine Zeit, die Niveauunterschiede bei diesen Schleusen waren allesamt sehr groß. Und ein Alleinfahrer muss dafür auf alle Fälle eine lange Leine dabeihaben, wenn er sein Bott von oben dirigieren will. Wir schätzten, dass dafür die Rundumleinen unserer beiden Boote höchstens knapp ausgereicht hätten.

Um 1745 Uhr erreichten wir Schweinfurt. Das Bootshaus der Kanu-Abteilung des Schweinfurter DJK war schon von Weitem auszumachen, denn sie hatten ein nicht mehr benötigtes gelbes Kajak oben an einen Baum genagelt. Allerdings konnten wir hier zwar gut anlegen, mussten dann aber die Boote eine recht steile Treppe hochwuchten, weshalb ich mein Faltboot unten auf dem Steg ausgeladen und die Packstücke einzeln hochgetragen habe. Wir hatten uns telefonisch angemeldet und dabei einen Zahlencode bekommen, mit dem wir aus einem Tresor den Schlüssel zum Haus entnehmen konnten. Das Zelt wurde unter dem Baum mit dem Boot oben dran aufgebaut, dann konnten wir die Küche des Bootshauses zum Kochen nutzen. Da wir ja jetzt keine Butter mehr hatten und somit hauptsächlich Marmelade und Nutella auf Brot aßen, hatte ich beschlossen, unseren Käse und die Dauerwurst zusammen mit anderen Dingen in einer Nudelbrutzelpfanne zu verbrauchen, bevor sie womöglich noch verderben. Das ließen wir uns dann draußen mit Blick aufs Wasser schön schmecken. Heute hatten wir einfach keine Lust darauf, uns noch die Stadt anzugucken. Einen gewissen Anteil daran hatte mit Sicherheit auch der Text in unserem Flussführer. Dort sollen sich normalerweise alle für den Paddler relevante Informationen über den Gewässerverlauf finden: Kilometerangaben, Ein- uns Ausstiegsstellen, Staustufen, Bootshäuser, Campingplätze usw. Beim Main allerdings war der Verfasser des Textes offenbar auch noch ein verkappter Fremdenführer, denn die Beschreibung war gespickt mit der Auflistung aller möglicher Sehenswürdigkeiten wie beispielsweise für Haßfurt: "mittelalterliche Altstadt, kath. Stadtpfarrkirche mit neugotischer Innengestaltung und mit Schnitzereien von Tilmann Riemenschneider, spätgotische Ritterkapelle mit 248 Ritterwappen als dreifachem Fries, Rathaus, barockes Landratsamt, Mauerzug der alten Stadtbefestigung mit dem runden Fröschturm und dem idyllischen Maintor". Solche Fülle von Infos, die uns sowieso nicht besonders hinter dem Ofen hervorlockt, führte dazu, dass wir sagten: "Naa, des mach' mer net!" So blieben wir nach dem Essen da sitzen und rundeten das Erholungserlebnis dann auch noch mit ein paar Flaschen Bier (gab es gegen kleines Geld im Kühlschrank des Vereinshauses) ab.

Tagesstrecke 30 km

Di, 05.06.2018

Früh um sieben wurde ich durch Glockengeläute geweckt. In dem Gang zu Toilette und Dusche war vornean auf einem Stehpult das Vereinsfahrtenbuch ausgelegt, in das die Vereinsmitglieder ihre Touren eintragen sollen. Und ich war einigermaßen erstaunt, als ich im Vorbeigehen merkte, dass sich da schon der erste Eintrag von heute drin befand: Von 4 bis 6 Uhr war da jemand mit einem Standup-Brett unterwegs gewesen.

Ein Stück Walzenwehr in Schweinfurt Trotz des frühen Aufstehens kamen wir heute erst weit nach 10 Uhr los, da ich das Faltboot analog zu gestern auch wieder erst unten am Steg beladen konnte. Auf der Uferpromenade der Stadt waren ein alter Dampfkran und ein Stück eines alten Walzenwehres ausgestellt. Das war die Sorte Sehenswürdigkeiten, die uns eher interessiert hätten, die aber nicht im Flussführer verzeichnet war. Trotzdem würde ich von diesem Buch auch nur erwarten, über die Paddelgegebenheiten informiert zu werden, wer sich für die Werke von Tilmann Riemenschneider oder aber alten Maschinenbau interessiert, sollte dafür jeweils andere Informationsquellen finden.

Hinter dem Stadtzentrum folgte die fünfte Schleuse dieser Tour, inzwischen hatten wir da ja auch eine gewisse Routine entwickelt. Dahinter war der Fluss wie gewohnt strömungslos, und mein unter dem Wasserhahn angefeuchtetes T-Shirt war auch schon wieder trocken. Aber an der sechsten Wehranlage (Garstadt) wurde etwas Wasser abgelassen, hier hatten wir für einen viel zu kurzen Abschnitt etwas Unterstützung. Hier wurden wir überholt von einer Motoryacht, die laut Aufschrift aus Fredericia in Dänemark stammte. Schon gestern ist uns ein solches Schiff "Jan Cux" aufgefallen. Vermutlich handelte es sich um Rentner, welche den Sommer auf Deutschlands Flüssen verbringen, denn drei Wochen Jahresurlaub erscheinen uns reichlich knapp für eine Fahrt von dort oben hier herunter und wieder zurück.

Neu gebaute Einsetzstelle in Hirschfeld In Hirschfeld machten wir Pause an einer ganz neu gebauten Ein- und Aussetzstelle, die im Flussführer noch nicht angegeben war. Hier hatten sie gerade frisch Gras ausgesät, es sah aber nicht so aus, als würde das auch gegossen werden. Die frisch gepflanzten Bäume gaben auch noch keinen Schatten, aber den fanden wir am Rand der Anlage. Die nach wenigen Kilometern folgende Staustufe (Wipfeld, Nummer 7) wartete wieder mal mit einer Neuerung auf: Das obere Tor öffnete sich nicht zur Seite, sondern nach unten ins Wasser und bewegte sich in diese Richtung nur unglaublich langsam, so dass man die Bewegung kaum sah und meinen konnte, die Anlage wäre defekt.

Um 1700 Uhr erreichten wir Volkach und stiegen am Campingplatz Ankergrund aus. Nachdem wir die Boote mit dem Bootswagen auf die andere Seite des Platzes gekarrt und unser Zelt "im nicht parzellierten Bereich" aufgebaut hatten, gab es Dosenfutter und eine Flasche Rotwein, deren Korken leicht undicht geworden war, weswegen wir "leider" alles austrinken mussten. Während wir das taten, konnten wir beobachten, dass einige der ortsansässigen Amseln sehr genaue Vorstellungen davon zu haben schienen, wie die für uns Menschen nicht sichtbaren Parzellengrenzen auf dieser Wiese verlaufen sollten, und sie versuchten sehr energisch, auch ihre restlichen Artgenossen davon zu überzeugen.

Tagesstrecke 26,6 km

Mi, 06.06.2018

Jetzt kann es losgehen Richtung Wasser Die Nacht war sehr unruhig, denn es gab hier Frösche in rauhen Mengen. Dabei waren wir hier doch auf der dem Fluss abgewandten Seite des Campingplatzes. Aber als ich nach dem Frühstück den Müll wegbrachte, sah ich, dass sich auf der anderen Seite der Hecke, neben der wir aufgebaut hatten, ein Wassergraben befand. Bei diesem Frühstück ist übrigens jetzt auch unsere Marmelade zur Neige gegangen. Zukünftig werden wir uns also ausschließlich mit Nutella als Brotaufstrich begnügen müssen, auch wenn das natürlich eine etwas einseitige Kost ist.

Nach dem Aufbruch (wieder waren wir kurz nach 10 Uhr auf dem Wasser) kamen wir gleich an die nächste Staustufe. An der Schleuse lag schon ein Miet-Canadier von zwei Leuten, die mit ihrem vierjährigen Enkelkind eine kleine Tour machten, da konnten wir uns diesmal mitschleusen lassen. Es folgte die sogenannte Mainschleife, ein Abschnitt, der durch einen kurzen Schifffahrtskanal abgekürzt wurde und der weitgehend naturbelassen blieb. Hier gab es auch wieder etwas Strömung, zuerst zumindest. Aber auch sonst war das Stück richtig schön, nicht nur wegen der fehlenden Binnenschiffe. Ein weiteres Leihboot überholten wir, die waren in starkem Zickzack unterwegs, mussten das Steuern des Canadiers ganz offensichtlich noch eine ganze Weile lang üben.

Freigeschnittener Pausenplatz im Schatten Vor der nächsten Staustufe (Nummer 9, Dettelbach) war es erst einmal Zeit für eine Pause, und eine freigeschnittene Kilometertafel am Ufer bot dafür auch ein geeignetes schattiges Plätzchen. Dort guckten wir eine Weile lang zu, wie gegenüber ein Binnenschiff mit Getreide beladen wurde, ein LKW nach dem anderen kam an und kippte seine Ladung auf ein Förderband. Schließlich kam das Leihboot in Sicht, und auch wir machten uns fertig zur Weiterfahrt. Aber da hatten wir uns etwas verrechnet, das da waren wohl nicht die Anfänger, die wir zuvor überholt hatten. Sie fuhren zügig an uns vorbei und in die Schleuse, und bis wir hinterherkamen, waren sie darin schon unterwegs und wir mussten warten.

Anfahrt auf Kitzingen Aber bei genauerer Betrachtung machte das gar nichts, schon gegen 1600 Uhr kamen wir in Kitzingen an. Hier hatten wir uns den Campingplatz "Schiefer Turm" ausgeguckt. Nach dem üblichen Bootstransport auf die andere Seite des Platzes, Zeltaufbau im Schatten und Gang zur Dusche saßen wir noch eine Weile vor dem Zelt, als ein Wohnwagengespann mit Stormarner Kennzeichen eintraf. Sie hatten etwas Schwierigkeiten, rückwärts an ihren Platz zu rangieren und entschlossen sich, abzukoppeln und zu schieben. So ging ich hin, um zu helfen. Der Fahrer war einigermaßen erstaunt, dass ich sein Kennzeichen zuordnen konnte, bis ich ihn auf den Schriftzug auf unseren Booten hinwies, woraus hervorging, wo wir herkamen. Alle anderen Leute hier auf dem Durchgangsplatz waren mit Fahrrädern unterwegs, hier kann man bestimmt prima am Fluss entlangfahren, da direkt am Ufer wohl nicht mit allzu großen Steigungen gerechnet werden muss, und man ist eben trotzdem irgendwie im Gebirge. Soeben kam noch ein Paar an, wo der Mann einen Anhänger zog und einen richtig großen Hund an der Leine nebenherführte (der eben normalerweise in dem Hänger mitfuhr).

Zum Abendessen sollte heute wieder nicht gekocht werden, denn vor dem Eingang zum Patz gab es ein griechisches Restaurant, wo wir schön draußen sitzen und aufs Wasser gucken konnten. Kurz nachdem wir uns hingesetzt hatten, kamen zwei Motorräder amerikanischer Herstellung mit dem typisch ungleichmäßigen Harley-Sound "Plada plada pla dapla pladapla" angetuckert, und die Besitzer nahmen weiter hinten Platz. Es scheint ja Leute zu geben, die so etwas mögen, ich hingegen finde, das hört sich einfach nur kaputt an nach Holgis "Da muss ich noch mal bei, Vergaser einstellen". Das sah möglicherweise auch der Fahrer der kurz darauf eintreffenden Honda Africa Twin so, denn der kam, wendete und schnurrte wieder von dannen, wollte offenbar mit den Rumpelkisten-Fahrern nichts zu tun haben.

Tagesstrecke 27 km

Do, 07.06.2018

Der Bootswagen ist verstaut, es kann weitergehen Kurz nach dem Aufstehen watschelte eine Gruppe Enten über die Wiese. Pech gehabt, Brötchen gab es hier erst ab halb neun, so spät war es noch nicht, somit hatten wir also auch noch nicht gekrümelt. Dafür bekam jetzt aber der Hund gesteigertes Interesse, endlich mal was anderes als Dosenfutter. Das mündete in großes Geschrei bei den Enten sowie ernsten Ermahnungen von den Hundebesitzern, war aber schnell geklärt.

Schleusen zusammen mit der Großschifffahrt Die späte Frühstückszeit hatten wir zu kompensieren versucht, indem wir das Zelt schon vorher abbauten, und das klappte auch ganz gut. Dafür war dann die nächste Schleuse (immer noch Kitzingen, Nummer 10) wieder mal gesperrt. Es gab ein gedrucktes Schild, die Sperrung war somit offenbar von langer Dauer, mit einer Telefonnummer zum Anrufen. Der Schleusenmeister dort sprach von einer halben Stunde, es dauerte aber fast eine ganze. Dafür konnten wir aber wenigstens ganz bequem mit einem Binnenschiff mitschleusen und mussten uns um nichts selbst kümmern. An der 11. Staustufe (Marktbreit) war die Sportbootschleuse dann wieder ok und wurde von Ulrike in gewohnter Manier bedient. Überhaupt hatte Ulrike gestern bei Essen erklärt, sie fände das etwas ekelig, tief unten in der dunklen Schleusenkammer im Boot zu sitzen, an den Wänden läuft der nasse Sabsch herunter, man mag nirgendwo anfassen und sich festhalten, und wir hatten vereinbart, dass in Zukunft ich diesen Part übernehme und sie aussteigt und den Vorgang oben steuert.

In Frickenhausen, laut Flussführer eine der ältesten Ortschaften Unterfrankens ("mit Stadtmauer, Wasserturm und Verteidigungsanlagen aus dem Schwedenkrieg, ...") legten wir zur Pause direkt an einem zugegeben schönen alten Stadttor an. Mehr jedoch als alle von den Herrschaften des DKV aufgezählten Sehenswürdigkeiten lockte uns der Anblick von Menschen, die mit einem Eis in der Hand auf einer Bank saßen. Und wir mussten auch gar nicht weit in den zugegeben pittoresken Ort gehen, um eine solche Köstlichkeit erwerben und genießen zu können. Ulrike fand auch einen Geldautomaten, und natürlich haben wir bei diesem kleinen Spaziergang auch den Reiz des Ortes auf uns wirken lassen.

Brückenbaustelle in Ochsenfurt In Ochsenfurt war man dabei, eine neue Brücke über den Fluss zu bauen. Das sah ganz interessant aus, sie schien zu zwei Dritteln fertig, endete dann aber abrupt im Nichts. Vorsichtshalber fuhren wir aber auch unter dem freien Teil durch, falls sie oben jetzt gerade Feierabend machten und den Hammer fallen ließen.

Es folgte eine Staustufe (Goßmannsdorf, Nummer 12) mit mal wieder defekter Sportbootschleuse. Hier gestaltete sich das Mitschleusen einigermaßen problemlos, wir mussten nicht besonders lange auf das nächste Binnenschiff warten. Danach entdeckten wir, dass hier jemand ein Faible für lateinische Schiffsnamen haben musste. Schon vor ein paar Tagen begegnete uns ein Binnenschiff mit dem Namen "Pecunia". Latein gehört ja zu den wenigen Sprachen, an denen ich so gar kein Interesse habe, Ulrike sagte, das Wort bedeute "Geld". Nun ist es ja bekanntlich Zweck jedes Wirtschaftsunternehmens, Gewinn zu erzielen, und hier wurde wenigstens kein Blatt vor den Mund genommen. Nun sahen wir aber auch noch zwei Binnenschiffe mit den Namen "Ora et labora" sowie "Duc in altum" am Ufer liegen.

Da hinten gibt das gleich Regen Die ganze Zeit über hatten wir bestes Wetter aber jetzt kündigte sich schräg hinter uns ein ordentliches Gewitter an. Es rumpelte und blitzte, und der Himmel wurde finster. Zuerst machten wir uns noch Hoffnung, dass das Unheil vielleicht hinter uns vorbeiziehen könnte, aber irgendwann wurde klar, dass wir dafür wohl mit Motorrädern statt Kajaks fahren müssten. In dem Kalkül, das würde wenigstens nicht so lange dauern und etwas Abkühlung wäre eine prima Sache, ließ ich die Regenjacke im Boot und zog nur die Spritzdecke über die offene Luke des Faltbootes. Dieses Kalkül wäre wahrscheinlich aufgegangen, wenn die Sportbootschleuse der 13. und letzten Staustufe der Tour (Randersacker) nicht ebenfalls kaputt gewesen wäre. Der Schleusenwärter der Großschifffahrtsschleuse hatte das Tor offen stehen und die Ampel auf Grün, schaltete dann aber um und machte zu, als wir darauf zufuhren. Na gut, normalerweise soll man ja hinter den Binnenschiffen in die Schleuse, und alleine wollte er uns wohl nicht schleusen, also hieß es warten. Nachdem das Binnenschiff dann aber kam, fauchte er uns über die Lautsprecheranlage an, als wir hinterher wollten, und machte uns das Tor ein zweites Mal vor der Nase zu. Erst als das Schiff unten durch und wieder weitergefahren war, ließ er uns in die Schleuse und schleuste uns durch, und zwar alleine. Und wir sahen, dass die Schleuse drinnen noch einmal in zwei Kammern unterteilt gewesen ist. Er hätte also anscheinend uns beide gleichzeitig schleusen können, so lang schien das Binnenschiff nicht gewesen zu sein, theoretisch sogar uns zuerst und das Schiff gleich nach seiner Ankunft in der hinteren Kammer hinterher, bis dahin wären wir vorne schon weg gewesen. So haben wir also mehr als eine Stunde untätig im Regen gelegen, so langsam wurde auch mir kalt, und über den Macker gegrummelt, was in der Bemerkung gipfelte, der Typ müsse wohl so handeln, weil an seinem Häuschen ja schließlich, wenn man es richtig liest, auch "DER SACK" stünde.

Die Burg von Würzburg Die Anfahrt auf Würzburg, der Regen hatte inzwischen wieder aufgehört und ich hatte mich vorher schon wieder warm gearbeitet, war sehr schön mit der Burg hoch oben links auf dem Berg. Noch davor legten wir beim Kanu-Club Würzburg an, wo wir uns schon telefonisch angemeldet hatten. Oben am Bootshaus gab es auch eine kleine Wirtschaft, deren Küche aber nur bis 2000 Uhr geöffnet hatte, und jetzt war es 1915 Uhr. Also haben wir nur erst einmal unsere Boote auf die Zeltwiese gebracht, ich ein trockenes T-Shirt angezogen und sind zum Essen gegangen. Es gab einfache Kost, Wurstsalat mit Bratkartoffeln, und dazu tranken wir jeder ein Alsterwasser bzw. Radler. Und Radler gab es hier mehr, beim Zeltaufbauen sahen wir, dass ein Stück weiter zwei Fahrradfahrer aufgebaut hatten, die auch schon gestern in Kitzingen mit uns auf dem Platz gewesen waren.

Tagesstrecke 31,8 km
Gesamtstrecke 174 km

Wochenende und Rückreise

Fr, 08.06.2018

Der nächstgelegene Bäcker sollte laut Google Maps 1,7 km entfernt sein, also wurde heute erstmalig das mitgenommene Schwarzbrot gegessen. Dabei wurde dann auch das Nutellaglas vollständig geleert, jetzt waren eigentlich alle Vorräte aufgebraucht. Ulrike zog los zum Bahnhof, um das Auto abzuholen, während ich derweil nicht nur mein Faltboot, sondern auch das Zelt abgebaut und alles andere Zeugs transportfertig eingepackt habe.

Gemischte Gänsefamilie Während dieser Arbeiten zog eine gemischte Gänsefamilie über die Wiese, bestehend aus einem Kanadagans-Männchen, einem Nilgans-Weibchen und einem halben Dutzend Küken. Ein Nilgans-Männchen trieb sich auch in der Nähe herum, wurde aber von dem anderen Ganter immer wieder vertrieben. Das fand ich ja ziemlich gemein: Da hatte sich die Gefährtin der langen Reise von Afrika nach der Ankunft in der Fremde einen neuen hübschen und großen Adonis geangelt, und der arme Kerl guckte nun in die Röhre.

Zum Mittag kam Ulrike mit dem Auto, dann wurde aufgeladen, und es ging weiter nach Karlsruhe, das Wochenende wollten wir wieder mal bei der Familie von Ulrikes Schwester verbringen. Unterwegs bekamen wir natürlich mal wieder Stau, und als klar wurde, dass alle anderen auch wie wir vorhatten, am Autobahnkreuz (muss bei Heilbronn gewesen sein) in Richtung Karlsruhe abzubiegen, fuhr ich kurzerhand einfach geradeaus weiter. An einer der nächsten Abfahrten ging es dann runter und über Landstraßen weiter. Etwas komisch fanden wir allerdings, dass uns das Navi dann in diesem Modus noch zwei Male über den Rhein schickte, wo wir uns doch eigentlich schon immer auf der richtigen Rheinseite befunden hatten. In der Stadt dann fiel uns ein, dass wir ja noch ein Mitbringsel brauchten. Also suchte Ulrike im Navi nach einem Supermarkt, der dann natürlich nicht direkt an einer leicht zugänglichen Hauptstraße lag. Aber ich hatte Glück und fand einen Parkplatz, und Ulrike ging schnell hinein. Leider kaufte sie dann versehentlich einen Badischen statt einen Wein aus Franken, also einen hiesigen Wein statt einen aus der Gegend, wo wir unterwegs gewesen waren. Aber unsere Gastgeber hat das zum Glück überhaupt nicht gestört.

Sa, 09.06.2018

Im Karlsruher Schloss zeigte das Badische Landesmuseum eine Ausstellung zum Thema "Revolution". Besonders gelungen fand ich die aber nicht, ich vermisste etwas den roten Faden. Sie hatten offenbar versucht, verschiedene Aspekte von Revolutionen herauszustellen, dabei ging aber alles zeitlich/historisch ziemlich durcheinander. Zudem hatten wir uns einen Aufenthalt in gekühlten Räumen erhofft, was man aber natürlich nicht der Ausstellung an sich anlasten kann.

So, 10.06.2018

Bei der immer noch herrschenden Hitze war ein langer Aufenthalt im Karlsruher Freibad genau richtig.

Mo, 11.06.2018

Die Rückfahrt war problemlos abgesehen von dem Umstand, dass die Autobahn, die uns das Navi empfahl, laut Google voll gesperrt war und wir eine alternative Route über eine Parallelstrecke nehmen mussten. Das kostete uns aber nicht so viel Zeit wie ein alter Bekannter, nämlich der diese Tage und Wochen permanente Stau vor den Hamburger Elbbrücken aufgrund von Bauarbeiten.

Fazit

Die Tour haben wir insgesamt als schön empfunden. Die beschriebene Hitze war uns lieber als manche denkbare Alternative, zum Beispiel norddeutsches Schmuddelwetter. Ich stehe diesbezüglich ja auf dem Standpunkt: "Lieber 30 Grad im Schatten als 3 in der Sonne".

Landschaftlich hatte ich mir von der Fahrt allerdings etwas mehr versprochen. Die Berge waren auf unserem Abschnitt doch meist ziemlich weit ab vom Fluss, das Maintal somit reichlich breit. Das war an den Stellen, an denen ich schon mit dem Motorrad am Main gestanden und deren Anblick in mir die Lust auf diese Tour ausgelöst hatten, anders. Vermutlich wäre die Weiterfahrt ab Würzburg diesbezüglich (noch) schöner.

Was jedoch gegen diese Weiterfahrt spricht, sind die Probleme, die wir mit den Schleusen erlebt haben. Schon der Umstand, dass der Fluss überhaupt aufgestaut ist und nicht mehr frei fließen kann, ist unschön. Aber die Quote der nicht betriebsfähigen Sportbootschleusen fanden wir eindeutig zu hoch sowie die Aussicht auf langfristige Besserung zu gering. Und wenn man dann noch an komische Schleusenwärter gerät, ist das schon etwas ärgerlich. So wird es eine Fortführung dieser Kajakfahrt wohl eher nicht geben.

Ich persönlich könnte mir ja vorstellen, den weiteren Mainverlauf auch mal mit dem Fahrrad zu erkunden, aber dazu muss ich wohl erst einmal einiges an Überzeugungsarbeit leisten...

Nachspiel

In alter Tradition haben wir (bzw. diesmal hat Ulrike) wieder einen Brief an die Redaktion des Flussführers geschrieben mit Berichtigungen und Ergänzungen. Natürlich fand darin auch unser Empfinden bezüglich der Schleusensituation unterwegs sowie der touristischen Hinweise im Text Erwähnung. Darauf gab es folgende Antwort:

"Ein Problem am Main, das uns im bayerischen Kanuverband auch einiges Kopfzerbrechen bereitet, sind tatsächlich die Sportbootschleusen, die teilweise nicht mehr gepflegt werden und damit mehr und mehr ausfallen. Einzusehen ist der aktuelle Status immer unter folgendem Link: www.elwis.de/DE/Binnenschifffahrt/Schleuseninformationen/Bootsschleusen-an-Main--MDK-und-Donau/Bootsschleusen-an-Main--MDK-und-Donau-page.html.
Ich gebe Ihnen Recht, dass die Beschreibung des Mains schon etwas übertrieben mit touristischen Hinweisen gespickt ist. Das mag daran liegen, dass mein Vorgänger dort zu Hause war. Ich werde bei der nächsten Auflage mal schauen, wo ich da etwas kürzen kann."

(Den Link hatte ich nach Erhalt dieser Mail schon einmal korrigieren müssen, jetzt (November 2019) ist er wieder nicht gültig - ich gebe es auf.)

Literatur und Karten

[1] Eck, Günter: Deutsches Flusswanderbuch, DKV Verlag, 26. Auflage 2011, ISBN: 9783937743271
(inzwischen ist die 27. Auflage erschienen, 2018, ISBN 9783937743820, ich habe aber noch nicht hineingeguckt, und sehr wahrscheinlich war diese Auflage zum Zeitpunkt des Briefwechsels auch schon fertig)

[2] Freie Fahrt mit Kanu & Kajak, Wasserwandern auf dem Main, Broschüre des Tourismusverbandes Franken e.V., 2013, www.main-wasserwandern.de/


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