Italien und Griechenland 2007

Unser diesjähriger Urlaub sollte uns über Italien nach Griechenland führen. Um die Anreise erträglich zu gestalten, hatten wir Tickets für Autoreisezüge gebucht (allerdings nur für Liegewagen), und zwar hin von Hamburg nach Livorno und zurück von Verona. Für die Fährverbindungen von Brindisi nach Igoumenitsa und zurück von dort nach Ancona hatten wir uns zwar im Internet die Fahrpläne herausgesucht, wollten uns aber nicht langfristig festlegen.

Zudem hatten wir vereinbart, daß ich in Italien und Ulrike in Griechenland die Führung übernehmen würden, und zwar sowohl planungs- wie auch sprachtechnisch. so hatten wir jeder nicht nur die entsprechenden Karten, sondern auch Sprachführer und Wörterbücher beschafft. Ich hatte zudem an der Volkshochschule einen Kurs "Italienisch für die Reise" belegt, für Griechisch lag der Termin leider zu spät. In diesem Kurs habe ich an 2 Wochenenden (= 4 Nachmittagen) eine Einführung in die Themen

bekommen. Das hat sich, wie sich zeigen sollte, wirklich gelohnt. Ich hätte mir zwar gewünscht, daß wir statt dem Klamottenkauf die Themen Camping und Fahrzeugtechnik behandelt hätten, aber damit hatte unsere italienische Lehrerin selbst auch nicht viel am Hut, und das Leben ist eben selten perfekt. Auf alle Fälle fühlte ich mich gut gerüstet für das, wo ich uns durchführen sollte.

Fr, 20.04.2007

Von uns zum Bahnhof Hamburg-Altona, wo der Autoreisezug startete, waren es nur 10 km, kaum, daß die Motoren dabei warm wurden. Das lag aber auch mit an den Temperaturen, es war nämlich ganz schön kalt. Natürlich sind wir mit genug Reserven losgefahren, was bedeutete, daß wir in der zugigen Halle recht lange warten mußten. Bei der Anmeldung bekamen wir jeder 4 Gurtschlaufen, die wir an unseren Maschinen befestigen sollten, damit diese nachher daran festgezurrt werden konnten. Ein Bahnmitarbeiter ging herum und half dabei.

Außer uns waren noch 14 andere Motorräder da, die ihren Kennzeichen nach teilweise eine weitere Anfahrt gehabt hatten, 3 Maschinen kamen sogar aus Dänemark. Ein Italiener war auch dabei, der fuhr aber natürlich nach Hause.

Schließlich wurden die Waggons an die Rampe gefahren, und wir durften rauf. Von Freunden, die das schon öfter gemacht hatten, hatten wir vorab den Tip bekommen, unsere Helme dafür aufzusetzen und die ganze Zeit aufzubehalten, und das war sinnvoll, denn der Platz nach oben war doch sehr begrenzt. Wir mußten den Kopf ganz weit herunterbeugen, die Wagen sind ja nicht viel höher als normale PKW. Dabei muß man den Kopf dann sehr schräg halten, weil man sonst des Helmes wegen nicht nach vorne gucken kann, und in dieser Haltung über die unebenen und holperigen Bahnen durch die ganze Waggonreihe hindurch. Ulrike war etwas stolz, daß sie dies ohne fremde Hilfe fertigbrachte, die einzige andere Selbstfahrerin in der Gruppe ließ sich ihre Maschine von ihrem Partner fahren. Die beiden bildeten übrigens auch sonst ein klassisches Paar: Er fuhr eine große BMW GS, sie die kleinere F650, diese Kombination ist so häufig, daß böse Zungen behaupten, man bekäme die F beim Kauf einer GS gratis dazu. Nach dem Abstellen wurden unsere Maschinen dann vom Personal an den vorbereiteten Schlaufen nach allen vier Seiten verzurrt, wir konnten unsere bereits entsprechend vorgepackten Taschen nehmen und unser Abteil aufsuchen.

Dort stellten wir fest, daß wir eines der dänischen Paare als Abteilgenossen hatten. Da konnte ich dann etwas von meinen dänischen Sprachkenntnissen anbringen, und wir haben uns alle ganz gut unterhalten. Leider schüttete ich im Laufe des Abends noch einen Schluck aus der Rotweinflasche über meine Hose, der Fleck sollte mich dann die ganze Reise hindurch begleiten.

Tagesstrecke: 10 km

Sa, 21.04.2007

In der Nacht hat der Zug gedreht, wir fuhren jetzt sozusagen rückwärts. Damit erklärt sich, warum sie gestern beim Verladen bei einer Harley die riesige Frontscheibe noch einmal extra mit einem Gurt gesichert hatten, dort fällt der Fahrtwind jetzt von hinten ein, und dafür ist die Scheibe natürlich nicht ausgelegt.

Der Lautsprecher informierte uns mehrmals, daß das Bordrestaurant heute morgen für die Schlafwagenpassagiere reserviert sei, während in den Liegewagen "eine Inclusivleistung" gereicht würde. Damit meinten sie wohl das Frühstück. Es gab einen Becher Kaffee (für mich auch Tee) und einen kleinen Karton Orangensaft, dazu 2 Brötchen und je eine Portion Butter, Marmelade, Streichkäse und Leberwurst.

Schon bevor wir wach geworden waren, hatten wir die Alpen verlassen, fuhren ab Genova bei Sonnenschein teilweise direkt am Mittelmeer entlang und erreichten schließlich zum Mittag Livorno mit einer halben Stunde Verspätung. Natürlich dauerte es einen Moment, bis die Fahrzeugwaggons abgekoppelt und an die Rampe gefahren wurden. Währenddessen bekamen wir mit, wie ein Autofahrer sich Sorgen machte, da er in einer halben Stunde die Korsika-Fähre erreichen mußte. Von anderer Seite wurde erzählt, da habe ein Autofahrer seinen Schlüssel verloren, und wir fragten uns, ob dessen Wagen wohl vor oder hinter dem des Korsika-Fahrers stehen wird.

Unsere Motorräder jedenfalls standen ganz vorne, und bald schon fuhren wir auf kleineren Straßen durch die Toscana. Eine wirklich nette Landschaft, es ging in lockeren Schwüngen durch relativ steile Hügel, die Gegend war landwirtschaftlich stark genutzt, was bedeutete, daß wir recht weite Sicht hatten. Die Temperaturen waren mit 27 °C auch deutlich freundlicher als gestern in Hamburg. Irgendwo lief eine Eidechse vor mir von der Straße, die hatte sich wohl gesonnt auf dem warmen Asphalt.

Irgendwann hielten wir an, um ein Photo der Landschaft zu machen und einen Schluck zu trinken. Während wir mit Kamera und Brausebuddel in der Hand dastanden und die Blicke über die Hügel schweifen ließen, rummste es hinter uns. Wir drehten uns um und sahen, daß Ulrikes Bandit umgefallen war. Wir mußten feststellen, daß der Seitenständer in den Asphalt eingesunken war. Das lag gar nicht an den (dafür doch noch zu niedrigen) Temperaturen, sondern hier am Straßenrand hatten die Bauarbeiter anscheinend irgendwelche Reste hingekippt, ohne das Material fachgerecht zu verdichten. Wie oft bei solchen Umfallern ist dabei der Kupplungsgriff abgebrochen. Glücklicherweise sind bei der Suzuki die Griffe mit einer Kerbe ausgestattet, die dafür sorgt, daß der Hebel genau an dieser Stelle bricht und noch ein genügend großer Rest übrigbleibt, daß man den Griff noch betätigen kann. Allerdings ist an der Bruchstelle eine scharfe Kante entstanden. Wir wühlten also in unserem Werkzeug und fanden am Leatherman eine Feile, mit der sich dieser Grat entfernen ließ.

Der Fahrstil der Italiener war schon sehr gewöhnungsbedürftig. Wir haben uns angesichts der derzeit gerade frisch in Umlauf gekommenen Horrorgeschichten über die italienische Polizei, die neuerdings die Motorräder von Verkehrssündern beschlagnahmte, weitgehend an die Geschwindigkeitsbeschränkungen gehalten. Da hatten wir stark den Eindruck, nun von den Italienern als Verkehrshindernis betrachtet zu werden, und vielleicht galt das mit dem Beschlagnahmen ja auch nur für Touristen. Auch mit der Vorfahrt war das so eine Sache, sobald ein Italiener der Meinung war, der Platz reiche noch, oder man Unsicherheit in der Fahrweise zeigte, gab er Gas. Ich erinnerte mich an die Worte eines Kameraden aus dem Club, der da meinte: "Der Italiener gibt Dir genau so viel Platz, wie Du brauchst, nicht weniger, aber auch nicht mehr" und machte die Brust breit auf meiner dicken Maschine, und es ging einigermaßen.

Am späten Nachmittag machten wir Pause in einer Bar, ich nutzte mein frisch gelerntes Italienisch, um mich nach einem Campingplatz in der Nähe zu erkundigen, und war mächtig stolz, auch die Antwort verstanden zu haben. Allerdings mußte ich feststellen, daß italienische Entfernungsangaben zuweilen die Luft nicht wert sind, mit der sie ausgesprochen werden. Er sagte, nach 10 km links (da bin ich mir sicher), und dann noch einmal 10, aber es waren nur 3 bis zur Abzweigung (aber unsere Bremsen waren guut) und dann noch 16 bis Sovicille. Dort bauten wir unser Zelt auf, und da Ulrike sich über zuviel Gewicht in ihrem Gepäck beklagte, gab es zum Abendessen das, was aus unseren Vorräten am schwersten war: Dosenfutter.

Tagesstrecke: 161 km

So, 22.04.2007

Um 830 Uhr wurden wir wach und stellten fest, daß unser Zelt mitten in der Sonne stand. Um 1130 Uhr waren wir fertig mit Frühstück, Abbauen und aufladen, und das war höchste Zeit, denn es wurde ganz schön warm. Zu einer Stadtbesichtigung hatten wir dabei natürlich wenig Lust, deshalb ließen wir uns, so gut es bei der italienischen Beschilderung eben ging, durch Siena hindurch auf eine autobahnähnlich ausgebaute Ausfallstraße leiten. Das war auf die Dauer natürlich langweilig, deshalb verließen wir diese am Lago Trasimeno wieder. Nun ging es quer durch Umbrien, was wir als nicht so schön wie die Toscana empfanden, die Gegend war einfach flacher dort.

Zwischen Foligno und Spoleto nahmen wir wieder eine große Straße, um danach in ein eine schöne Gebirgsregion zu gelangen.

Da wir wegen der ungewohnten Temperaturen (das Thermometer der CB zeigte den ganzen Tag lang Werte um die 30 °C) relativ erschöpft waren und dann noch in einen Regenschauer gerieten, steuerten wir den nächstgelegenen Campingplatz an, "Il Collaccio" in Preci. Als wir sahen, daß es hier auch kleine Holzhütten zu mieten gab, schlugen wir zu, da mußten wir das Zelt nicht im Regen aufbauen. Der war übrigens recht heftig und verursachte offenbar an der Rezeption kurzzeitig einen Computerausfall. Aber wie das so ist: Wir hatten gerade alle unsere Sachen eingeräumt, da hörte der Regen auf. Aber wenn wir uns mit 8 € Mehrausgabe (die Hütte kostete 30 gegenüber 22 für das Zelten gestern) einen trockenen Abend erkauften, so fanden wir das in Ordnung.

In der Küchenecke wurde jedenfalls der Vorrat an Dosen weiter verringert, es fand sich sogar noch eine letzte Flasche (französischer, Asche auf mein Haupt) Rotwein.

Tagesstrecke: 272 km

Mo, 23.04.2007

Auch heute standen wir gegen 830 Uhr auf, das Wetter war mittlerweile wieder richtig schön geworden, ein paar letzte Nebelschwaden hingen noch pittoresk an den Berghängen. Zum Frühstück gab es frisches Brot, welches wir gestern beim Einchecken noch bestellt hatten. Da wir nun kein Zelt abzubauen hatten, kamen wir heute noch vor 1100 Uhr los. Inzwischen zeigte das Thermometer schon wieder 27 °C, die Feuchtigkeit war vollkommen futsch und wir genossen die Fahrt durch die schöne Berglandschaft. In Cascia mußten wir tanken, und bei Posta wurde die Landschaft zwischenzeitlich etwas ebener, und hier erwischte uns auch ein kurzer, aber heftiger Regenschauer. Hinter L'Aquila war die Gegend dann wieder richtig zum Genießen.

Laut unserer Karte gab es in dieser Gegend kaum Campingplätze, deshalb hielten wir am Camping Vecchio Mulino zwischen Pescasseroli und Villeta Barrea, obwohl wir sonst wohl noch etwas weiter hätten fahren mögen. Der Platz war einem Bauernhof angeschlossen, und wir schienen die einzigen Gäste zu sein. Die Bäuerin sprach kein Wort ausländisch, holte aber ihren Mann, als die Verhandlungen drohten, komplizierter zu werden. Denn da der Himmel wieder recht unbeständig aussah, hatten wir ein Auge auf einen der rollenden Bungalows geworfen, deren es hier auch welche zu mieten gab. Das klappte dann auch, il signore überließ uns den Wagen für 30 €, ursprünglich wollte er 40 haben. Die Differenz habe ich dann beinahe ganz in eine Flasche guten Rotwein aus der Gegend investiert, unsere mitgebrachten Vorräte waren inzwischen verbraucht, und wir wollten ja auch gerne von den lokalen Erzeugnissen kosten.

Da es draußen kalt und feucht wurde - die Entscheidung mit der Hütte war goldrichtig - tranken wir den Wein drinnen. Auch hier schien das Wetter für deutliche Schwankungen im Stromnetz zu sorgen, was wir kurzerhand als "den großen Dimmer" deklarierten und was der Gemütlichkeit auch keinen Abbruch tat. Die Hofhunde hatten sich inzwischen vor der Tür eingefunden, um diese komischen Leute zu betrachten und sicher auch in der leisen Hoffnung, es könnte für sie etwas freßbares anfallen. Das passierte natürlich nicht, aber unsere Maschinen waren gut bewacht.

Tagesstrecke: 243 km

Di, 24.04.2007

Auch heute kamen wir zu ähnlichen Zeiten und bei ähnlichem Wetter wie gestern los. Bis Cerro al Volturno ging es superschön durchs Gebirge, danach wurde die Gegend flacher. Irgendwann fanden wir uns in Venafro wieder, was nun definitiv nicht mehr in unserer Richtung lag. Schon die ganze Zeit hatten wir immer wieder mal solche Momente: Man fährt auf eine Kreuzung zu, an der nicht von vornherein klar ist, wo die beabsichtigte Route weitergeht. Man hält an, um in Ruhe die Ortsnamen der Ausschilderung mit den auf der Karte in der Nähe verzeichneten Orten zu vergleichen. Aber nicht ein Ort in der angestrebten Richtung ist ausgeschildert, hingegen ist keiner der Namen auf den Schildern auf der Karte (die zugegeben nicht supertoll ist, eigentlich wollten wir durch Italien ja nur irgendwie durchfahren) zu finden. Da hat man schon manchmal das Bedürfnis, die Arme gen Himmel zu recken und auszurufen: "Oh, diese Italiener!", bevor man einfach irgendwo weiterfährt in der Hoffnung, es werde schon nicht ganz falsch sein. Doch genau das war hier passiert, zum Glück fuhren nur etwa 10 Kilometer weit verkehrt.

Von Venafro aus ging es zunächst in südlicher Richtung weiter, unsere Karte versprach uns bei Pietravairano einen landschaftlich schönen Abschnitt. Jedoch war die 372 die ganze Strecke lang bis Benevento als Fernstraße ausgebaut und bot uns allenfalls durch Überholmanöver etwas Abwechslung. Hier folgten wir der Richtung Salerno bis nach Avellino, wo wir wieder ziemliche Probleme mit der Ausschilderung bekamen. Wir wollten nun die Richtung Salerno verlassen und uns wieder weiter nach Osten wenden, alle ausgeschilderten Orte (zumindest die, welche ich irgendwo auf der Karte wiederfand, Serino und Solofra) lagen jedoch noch auf der ursprünglichen Route, so daß mir wenig anderes übrig blieb, als mich nach Gefühl links davon zu halten. Wir fuhren kilometerweit auf einer sehr kleinen Straße durch ein mit Einzelhäusern und Höfen besiedeltes Gebiet, immer in dem Gefühl, jederzeit könne das Ende kommen, wo es nicht mehr weitergeht. Aber schließlich wurden die Häuser weniger, die Straße verließ das Tal und führte uns über eine superschöne Paßstrecke in die Berge des Parco Regionale dei Monti Picentini, womit wir für alle vorhergehenden Mühen reich entschädigt wurden.

Irgendwann landeten wir auch wieder in einem Ort, der auf meiner Karte existierte, nämlich Montecorvino. Wir beschlossen, noch etwas in dieser schönen Gegend zu verweilen, fuhren wieder hoch nach Montella und nahmen uns in einen Ort kurz danach ein Hotelzimmer, Campingplätze gab es hier anscheinend nicht. Nach Abschluß der Formalitäten und Einzug in das Zimmer machten wir uns stadtfein und gingen auf die Suche nach einem Abendessen. Dieser Ort machte auf uns einen recht ursprünglichen Eindruck, schmale verwinkelte Gassen, eng beieinanderstehende Häuser, vom zentralen Marktplatz ging eine Straße mit Läden ab, in der sich auch unser Hotel befand. Nur ein Restaurant oder etwas ähnliches fanden wir nicht, so daß wir wieder zum Hotel zurückkehren mußten. Dort hatte das Restaurant zwar geschlossen ausgesehen, man machte aber für uns das Licht an und die Küche warm, es gab gutes Essen, und wir blieben auch nicht die einzigen Gäste. Danach setzten wir uns noch mit einem Bier ins Foyer und nahmen am gesellschaftlichen Leben teil: Im Fernsehen lief ein Fußballspiel zwischen Manchester United und dem AC Milano. Wir guckten uns davon allerdings doch nur die erste Halbzeit an, da stand es 2 zu 1 für die Italiener, dann waren wir hinreichend müde.

Tagesstrecke: 300 km

Mi, 25.04.2007

Wir wurden von der Blasmusik zwar nicht direkt geweckt, aber doch beim Aufstehen begrüßt, draußen zog eine Kapelle durch die Straßen. Vom Balkon aus konnte ich einen kurzen Blick auf die Gruppe erhaschen, sie waren einheitlich in Blau gekleidet, aber allenfalls schlicht uniformiert, und die Musik wirkte auf mich auch ernsthafter als das, was wir von unseren deutschen Spielmannszügen so gewohnt sind. Die Besitzerin des Hotels erklärte uns später, daß heute Nationalfeiertag war, der Jahrestag der Befreiung vom Faschismus.

Beim Aufbruch mußten wir wieder zurück zum Dorfplatz, und hier hatte sich ein Großteil der Einwohner versammelt, um zu klönschnacken, zu sehen und gesehen zu werden. Wir folgten ganz lange der Straße Nr. 7, die zuerst schön durch Gebirge, hinter Potenza durch flachere Gegenden verlief, die uns bis Matera immer noch ansprechende Landschaft boten. Danach jedoch wurde die Strecke eintönig. Hier fielen uns besonders viele Bauruinen auf, mehrstöckige Betongebilde aus quadratischen Säulen und horizontalen Böden, die offenbar vor etlichen Jahren in die Landschaft gestellt wurden in der Absicht, sie irgendwann einmal mit Wänden und Fenstern zu versehen, die dann aber anscheinend der Vergessenheit anheimfielen.

In Massafra machten wir Pause in einer Raststätte ähnlich einem MacDonalds oder BurgerKing. Die anderen Gäste schienen alle mit der Bedienung befreundet zu sein, es sah fast aus wie eine kleine Familienfeier, möglicherweise haben sie aber auch nur der Ärmsten, die da am Nationalfeiertag arbeiten mußte, alle einen Besuch abgestattet. Als sie merkten, daß wir Ausländer waren, überschlugen sie sich fast vor Hilfsbereitschaft, wollten jemanden holen, der Englisch konnte, obwohl wir auch so klargekommen wären.

Hinter Taranto hatten wir geplant, an die Südküste herunterzufahren, unsere Karte zeigte dort eine landschaftlich schöne Uferstraße mit mehreren Campingplätzen. Jedoch fanden wir wieder mal die Straße nicht. Auf der Strecke lagen keine größeren Orte, die hätten ausgeschildert sein können, und so kurvten wir auf gut Glück einmal um ein paar Seen herum und fanden uns schließlich dort wieder, wo wir hergekommen waren. Drum zogen wir Plan B aus der Tasche, denn auch in der Gegend zwischen Martina Franca und dem Ort mit dem schönen Namen Monopoli war ein Campingplatz verzeichnet. Unterwegs fielen uns mehr und mehr Häuser mit komischen, aus teilweise richtig vielen Kegeln bestehenden Dächern auf, die, wie wir später erfuhren, Trulli hießen und typisch für die Gegend waren.

In der Nähe unseres Ziel sahen wir dann Hinweisschilder auf den "Agriturismo Green Park". In meinem Vorbereitungskurs hatte ich erfahren, ein Agriturismo sei ein Bauernhof, der Unterkünfte, in der Regel Zimmer, aber möglicherweise auch Zeltplätze, für Gäste anbietet, und auf den Schildern befand sich unter anderem auch ein Zeltsymbol. So folgten wir den Hinweisen eine ganze Weile lang, obwohl es sich sicher nicht um den anvisierten Campingplatz handelte. Wir gelangten schließlich an ein von hohen Mauern umgebenes Anwesen, an dessen Tor ein kleines Männchen, deutlich unter 1,50 m groß und deutlich über 50 Jahre alt, mit einer leuchtenden Ordnerjacke bekleidet, stand. Dieser Mann sprach anscheinend nur italienisch, und ich hatte etwas Mühe, ihm klar zu machen, daß wir zelten wollten, worauf er meinte, da müsse er mit dem Chef sprechen. Er zog ein Mobiltelefon hervor und mußte nun seinerseits etwas länger erklären, ich hörte mehrmals das Wort tenda für Zelt, und wir fragten uns schon, ob wir denn hier richtig waren. Aber der Chef schien einverstanden zu sein, und wir wurden auf das Gelände geführt. Es ging auf Kieswegen zwischen hohen Hecken hindurch an einem Parkplatz vorbei, auf dem etliche Autos standen und an dessen Rand sich ihre Insassen sammelten, offenbar im Begriff, eine Gesellschaftsfeier zu besuchen. Uns wurde ein Platz angewiesen, der gar nicht unseren Vorstellungen entsprach, der Boden bestand auch hier aus nur leicht mit Gras überwachsenem Wegekies und wurde sicherlich auch manchmal als Parkplatz genutzt. Es stand ein Gebäude da, welches möglicherweise Sanitäreinichtungen beinhaltete, wir sahen jedoch weder Tür noch Fenster, und weitere Camper sahen wir auch keine. Also machten wir wieder kehrt. Unser Platzanweiser, der sich sofort wieder auf seine Station am Tor begeben hatte, schien erstaunt, uns diese Idylle verschmähen zu sehen, aber wir überließen es ihm, das seinem Chef zu erklären.

Nach einer nicht allzu langer weiteren Suche fanden wir in Alberobello mit dem Camping dei Trulli einen ganz gewöhnlichen Campingplatz. Hier war die Grasschicht über den Steinen immerhin dick genug, daß man darauf liegen mochte, wenn auch nicht so dick, daß unsere Häringe darin gehalten hätten. Also banden wir die Leinen unseres Tunnelzeltes an die beiden Motorräder und wußten nun einen Grund mehr, warum es gut ist, nicht zu zweit auf nur einer Maschine zu fahren.

Tagesstrecke: 363 km

Do, 26.04.2007

Beim Aufstehen hörten wir Gewittergrollen in der Ferne, und während des Frühstücks zog sich der Himmel zu. Beim Zusammenpacken der Essenssachen traf eine ganze Karawane französischer Wohnmobile ein, die nicht nur Unruhe, sondern auch den Regen mitbrachte. Wir nahmen es gelassen, denn die Fähre nach Igoumenitsa, die wir uns ausgeguckt hatten, sollte sowieso erst am späten Abend fahren. So verzogen wir uns wieder in unser Zelt, packten langsam zusammen und lasen noch eine Runde in unserer Reiselektüre, während es draußen zeitweise ganz schön kübelte.

Aber als um 13:30 Uhr immer noch keine Besserung in Sicht schien, zogen wir doch unsere Regensachen an, packten das quatschnasse Zelt ein und wollten losfahren. Doch die Rezeption war bis 17:00 Uhr geschlossen, und der Aushang, den wir gestern völlig übersehen hatten, belehrte uns, daß wir bis 10:30 Uhr unseren Platz hätten verlassen sollen. Da blieb uns nichts anderes übrig, als solange zu warten, immerhin hörte jetzt der Regen auf, und die Sonne kam heraus. Und als wir etwa eine Dreiviertelstunde dort herumgehangen haben, kam tatsächlich der Campingplatzbesitzer vorbei, vermutlich nur zufällig. Natürlich hielt er uns vor, wir hätten schon vormittags abreisen müssen, akzeptierte aber meine Erwiderung, das sei wegen des Gewitters nicht möglich gewesen, ließ uns bezahlen und händigte mir meinen abgegebenen Personalausweis aus. So konnten wir uns also nach Brindisi zur Fähre begeben, nicht ohne zuvor noch einmal die falsche Strecke zu erwischen und einen gehörigen Umweg zu fahren. Aber trotz allem waren wir ja immer noch gut in der Zeit.

Der Fährhafen lag mitten in einem weiträumigen und trostlosen Industriegebiet und war auch nicht ganz einfach zu finden. Und als wir schließlich am Fährterminal ankamen, einem großen Hof mit Ticketschaltern in schäbig aussehenden Baracken, alle bis auf einen geschlossen, mußten wir erfahren, daß die Gesellschaft der Linie, die wir uns ausgesucht hatten, nicht mehr existierte. Zum Glück, wie mir jetzt, wo ich diese Worte schreibe, klar wird, hatten wir nicht vorab, gar über Internet, gebucht und bereits bezahlt. Auch so war es schlimm genug, unsere einzige Möglichkeit war ein Schiff der Endeavour Lines, das um 19:00 Uhr abfuhr und morgen schon vor 3:00 Uhr in Igoumenitsa ankommen sollte. Aber das half ja nichts, wir kauften also für 250 € zwei Tickets und stellten uns ganz vornean auf den sonst völlig leeren Verladeplatz vor das Schiff. Bald schon durften wir hineinfahren, um dort feststellen zu müssen, daß unsere Motorräder die Überfahrt offenbar ungesichert überstehen mußten, da es keinerlei Befestigungspunkte im Deck gab, wo man sie hätte verzurren können. Ich hatte nach schlechten Erfahrungen mit Kälberstricken bei früheren Fährfahrten gute Ratschengurte gekauft, sah aber keine Möglichkeit, diese irgendwo anzubringen. Auch das Bordpersonal zog nur eine Alibileine zun nächsten Geländer, die allenfalls verhindern würde, daß die Maschinen im Falle eines Falles im ganzen Autodeck herumkegeln. Da konnten wir nur um eine ruhige Überfahrt beten.

Die schien es auch zu geben, und da wir nun sowieso nichts mehr tun konnten, besorgten wir uns etwas von dem kulinarisch keineswegs hochwertigem Essen sowie ein Bier, über das man nicht viel mehr besseres sagen konnte, und suchten früh unsere Kojen auf.

Tagesstrecke: 105 km

Fr, 27.04.2007

Um 220 Uhr wurden wir vom Fährpersonal geweckt, und gemessen an der Tatsache, daß wir gestern abend unsere Uhren auf die auch schon auf dem Schiff geltende griechische Zeit eine Stunde vorgestellt hatten, hatte die Nacht eigentlich gerade erst begonnen. Immerhin standen unsere Maschinen unversehrt auf dem Autodeck, überhaupt nicht müde, sondern jederzeit bereit, uns ans Ende der Welt zu tragen, solange wir sie nur immer schön mit Benzin fütterten. Aber genau damit kamen wir nun zu unserem nächsten Problem, verursacht von bei Lichte betrachtet eigentlich völlig unangebrachtem Geiz. In Griechenland nämlich war das Benzin billiger als in Italien, und deshalb hatten wir unsere Reservoire nicht noch in Brindisi gefüllt, sondern wollten das erst hier zu günstigeren Konditionen tun. Aber natürlich waren um diese Uhrzeit alle Tankstellen geschlossen. Da blieb uns nichts anderes übrig, als an einer Tankstelle, von der aus man eine zweite im Blickfeld hatte, zu warten. Immerhin standen hier ein paar Plastikstühle, an Schlaf war jedoch nicht zu denken.

Wir hatten insofern Glück, daß der Tankwart unserer Tankstelle zuerst kam, und zwar "schon" um 530 Uhr, gut deutsch sprach und uns mit Brennstoff versorgte, so daß wir weiterfahren konnten. Das taten wir dann auch, die Küstenstraße nach Süden runter, wo wir gleich zu Anfang mit einer etwa 10 km langen Baustelle mit teilweise Schotterstrecke begrüßt wurden. Ulrike wollte dann doch gerne erstmal das Tageslicht abwarten und fuhr von der Straße runter, an der Seite war jedoch ein noch schlimmeres Schotterfeld, so daß wir uns, weil nun auch noch leichter Regen einsetzte, zur Weiterfahrt entschlossen. Ein paar Dörfer weiter fanden wir schließlich das Wartehäuschen einer Bushaltestelle, wo wir sowohl den Sonnenaufgang wie auch das Ende des Regens abwarteten.

Nach einigen weiteren Kilometern wollten wir erstmal richtig Frühstück zu uns nehmen. Drum hielten wir in einem kleinen Ort zwischen Aghia und Parga an einem Café an und setzten uns auf die Veranda, und Ulrike ging hinein, um das Gewünschte zu bestellen. Sie kam wieder mit der Info, es gäbe nichts zu essen, aber wir könnten uns ein paar Häuser weiter bei einem Bäcker etwas besorgen. Da ging ich hin, mit Händen und Füßen klappte die Verständigung, und nachdem das Brot nach ein paar Minuten aus dem Ofen geholt war, konnten wir auch unseren Hunger stillen. Von unserem Platz aus konnten wir prima das Treiben beobachten. Es waren ausschließlich Männer, die sich hier drinnen und auch davor auf der Straße trafen und miteinander unterhielten. Viele fuhren auf alten 50-ccm-Rollern durch den Ort, natürlich alle ohne Helm. Wir wurden anscheinend nicht beachtet, was uns auch ganz recht war.

Nachdem wir uns satt gegessen, getrunken und gesehen hatten, ging es weiter an der Küste entlang durch eine Landschaft, die deutlich trockener wirkte als gestern in Italien. Dafür wurden wir durch schöne Ausblicke auf das Meer entschädigt, die zwar durch etwas Dunst leicht getrübt waren, uns aber doch zu ein paar Photostops veranlaßten. Die Einfahrt zum Amvrakikos Kolpos (einem Beinahe-Binnensee) wurde per Tunnel unterquert, was uns 0,70 € pro Motorrad Maut kostete.

Der Fahrstil der Griechen war deutlich schlimmer als der der Italiener. Geschwindigkeitsbeschränkungen schienen lediglich zur Freude der Schildermacher zu existieren, und überholt wurde ganz nach Gusto. Irgendwann fuhren wir bei viel Verkehr in einer langen Kolonne hinter einem Laster her, und plötzlich meinte der Fahrer des Reisebusses hinter mir wohl, der Umstand, daß ich ziemlich weit rechts fuhr (natürlich fuhren wir versetzt und Ulrike links, um bei günstiger Gelegenheit ausscheren zu können), gäbe ihm die Möglichkeit, über eine Linksabbiegerspur zu fahren und vor mir in eine nicht vorhandene Lücke einzuscheren. Nun, der Klügere gab nach, konnte dank ausreichend PS bald die ursprüngliche Ordnung wiederherstellen, fuhr danach aber ebenfalls recht weit links in der Hoffnung, so das Leben des Busfahrers und seiner Insassen, mehr jedoch sein eigenes besser zu schützen.

In einer Taverne auf der Insel Etoliko (hier konnte man über Brücken hinauf und auch wieder hinunter) machten wir Halt zum Mittagessen. Eigentlich war die Taverne auf der anderen Straßenseite, aber man hatte direkt am Ufer Tische und Stühle unter einem Sonnendach aufgebaut, und der Kellner kam zu uns herüber. Inzwischen war es wieder richtig schön warm geworden, und uns war deshalb nur nach einem Salat. Der "Greek Salad", den wir bekamen, war ganz anders als das, was uns in Deutschland so als Griechischer Salat bekannt war: Tomatenviertel, Gurkenscheiben, Paprikastreifen und Zwiebelringe mit ein paar Oliven in einem Kräuter-Öl-Dressing, obenauf ein riesiges Stück Fetakäse. Während wir aßen, fuhr auf der Straße ein Motorrad mit deutschem Kennzeichen "LL" vorbei, beladen mit 2 Personen und Gepäck. Sie schienen hinten, wo unsere Maschinen standen, kurz zu zögern, wendeten dann, fuhren aber vorbei und bogen auf die Hauptstraße Richtung Süden ab.

Die Suche nach einer Unterkunft wurde aufgrund des frühen Aufbruchs heute morgen auch schon früh am Nachmittag begonnen, und das war auch insofern nicht verkehrt, als wir ein paar Anläufe brauchten. Ein Campingplatz öffnete erst am 01.05., und ein Hotel erwies sich als eine Luxus-Ferienanlage, in der die Rezeption verwaist war und blieb, so daß wir uns das in Ruhe überlegen und dann ohne lästige Diskussion mit dem Personal wieder verschwinden konnten. Auf dem Weg zurück zur Hauptstraße nahm ein Autofahrer Ulrike die Vorfahrt, sie mußte mit eingeschlagenem Lenker bremsen und legte dabei die Maschine auf die Seite. Der Autofahrer fuhr unbeirrt weiter, aber es ist auch weiter nichts passiert, sie stand schon fast, und der Kupplungshebel war ja sowieso schon halbiert. Schließlich fanden wir ein Hotel fast direkt am Meer (nur eine kleine Straße lag dazwischen), wo wir ein schönes Zimmer mit Küchenecke bekamen. Der Besitzer sprach sehr gutes Englisch, er war zuvor Zahlmeister auf den Fähren nach Ancona gewesen.

Nach einem kleinen Spaziergang längs des Ufers kamen wir zu einem "Supermarket", der eigentlich fast einem unserer Tante-Emma-Läden glich, wo wir aber unsere Vorräte auffüllen konnten. Dann folgten wir einer Empfehlung des Hotelbesitzers und gingen ganz am Ende der Straße in ein Restaurant. Dort gestaltete sich die Verständigung als schwierig, die Wirtin sprach keine Fremdsprache und Ulrike hatte keinen Sprachkurs absolviert wie ich mit dem Italienischen. Aber wir bekamen etwas zu essen und konnten den Abend schön ausklingen lassen.

Tagesstrecke: 346 km

Sa, 28.04.2007

Beim Frühstück (aus unseren Vorräten, wir hatten ja die Küchenecke) ließen wir bei schönstem Wetter das Fenster weit offen, weshalb sich eine Schwalbe zu uns verflog, aber den Rückweg auch von alleine fand. Nachdem wir zum Abschied nochmal nett mit dem Besitzer klönten, ging es weiter, zunächst nach Delphi. Wir sind ja nicht die ganz großen Kulturfreaks, hatten uns aber doch ein paar der antiken Stätten vorgenommen, und zunächst kamen wir auch als Motorradfahrer auf unsere Kosten, denn die Straße dorthin konnte mit ein paar schönen Kurven aufwarten.

Auf dem von Touristenbussen und PKWs schon ziemlich belegten Parkplatz ketteten wir unsere Maschinen aneinander, denn wir hatten in einem Griechenland-Buch [1] gelesen, daß dem Autor gerade hier seine Transalp gestohlen worden war. Das Museum zeigte für meinen Geschmack zuviele steinerne Statuen und zuwenig ander Objekte, war aber angenehm klimatisiert, während es draußen schon wieder ziemlich warm wurde. Deshalb hatte ich auch wenig Lust, in Motorradklamotten über die Stätte zu wandeln und setzte mich lieber auf die Terrasse vor dem Museum (dort gab es ein Café) und wartete bei einer gekühlten Limonade auf Ulrike. Zwischen den Tischen lief eine Unmenge Katzen herum in der wohl oft auch berechtigten Hoffnung, von den Gästen gefüttert zu werden. Eine der Katzen hatte Junge, für sie hatte man als Nest einen Bananenkarton in eine Mauernische gestellt.

Weiter ging es zunächst über größere Straßen Richtung Athen, und die Landschaft wurde flach, eintönig und voller nicht besonders schöner Ortschaften. Irgendwann mußten wir feststellen, daß wir dann auch noch eine Dreiviertelstunde lang im Kreis gefahren waren. Ulrike hatte sich die Orte, die auf der Strecke lagen, auf der Karte eingekringelt und folgte dann den Wegweisern zu den so gekennzeichneten Orten. Mir war zwar aufgefallen, daß wir irgendwann einen klaren Richtungswechsel vollzogen hatte, aber das wird schon seine Richtigkeit gehabt haben, dachte ich. Tatsächlich hatte sie jedoch einen Hinweis auf einen Ort entdeckt, wo wir zwar schon gewesen sind, das hatten wir aber nicht gemerkt, weil auf dem Ortsschild der lateinisch geschriebene Name überklebt gewesen war. Genau dort wurde gewendet, die Route zähneknirschend ein zweites Mal abgefahren und die Entschluß gefaßt, sich ein Navigationsgerät anzuschaffen.

Irgendwann hinter Thiva konnten wir auf die "Old National Road", immer noch Richtung Athen, abbiegen. Hier wurde die Gegend reizvoller, dünner besiedelt und verkehrsärmer, und die Straße war auch deutlich schmaler. Zuerst ging es durch schönes Agrarland, dann sogar hoch ins Gebirge, die Gegend hieß Attika, gab das nicht vor vielen Jahren mal eine gleichnamige Zigarettenmarke? Dort verließen wir jedenfalls die Richtung nach Athen, und im nächsten größeren Ort, Vilia, war es so langsam Zeit, eine Unterkunft zu suchen, deshalb fuhren wir in den Ort hinein. Wir fanden auch ein Hotel, aber an der Rezeption war nur ein alter Opa, der uns anscheinend überhaupt nicht beachtete, nicht einmal anguckte, sondern statt dessen zu telefonieren anfing. Das war uns doch zu blöd, so stiegen wir wieder auf und fuhren weiter, fanden aber bis zum Ortsausgang nichts anderes. Auf dem Rückweg wurden wir vor dem gleichen Hotel von einer Frau in unserem Alter angehalten, die uns darüber aufklärte, daß ihr Vater krank sei und sie telefonisch zu Hilfe gerufen hatte. Wir bekamen ein Zimmer mit großem Balkon, auf dem wir erstmal unser noch in Italien naß eingepacktes Zelt zum Trocknen ausbreiteten, wohl darauf achtend, daß dies nicht von den Schwalben, die unter der Decke mit dem Nestbau angefangen hatten, eingesaut werden konnte.

Nachdem unsere Sachen geordnet waren, gingen wir los, um uns den Ort anzugucken. Wir hatten den Eindruck, daß wir hier eine durchaus noch recht ursprüngliche griechische Kleinstadt erwischt hatten. Im Zentrum gab es einige Geschäfte, die die Bevölkerung mit den nötigen Waren versorgten. Vor den Türen der Schlachter hing das Fleisch in seiner fast ursprünglichen Form, nämlich der des ganzen Tieres, dem man lediglich die Haut abgezogen hatte, ein etwas gewöhnungsbedürftiger Anblick. Zunächst setzten wir uns auf die Terasse einer Taverne, brachten unseren Flüssigkeitshaushalt in Ordnung und beobachteten die Leute auf der Straße. Der letzte Schrei der Mode schien es zu sein, in den Scheinwerfern der Autos neben dem regulärem Licht Birnen in roter, blauer und grüner Farbe blinken zu lassen. Dabei hatten die Fahrer dieser Fahrzeuge es nicht nötig, sich bei langsamer Fahrt angemessen bewundern zu lassen, sondern bretterten mit ziemlichem Tempo durch die Gasse. Nachdem wir nun wußten, daß man das Bier in Griechenland durchaus trinken konnte, galt es, auch feste Nahrung zu uns zu nehmen, drum wechselten wir in eine Art Grillrestaurant. Dort sprach der Besitzer wieder keinerlei Fremdsprachen und wußte sich nicht anders zu helfen, als uns mit hinter den Tresen zu nehmen, die Deckel der Töpfe anzuheben und uns der Reihe nach hineingucken zu lassen. Dabei benannte er die Speisen auf Griechisch, wir sprachen das nach oder zeigten einfach auf das, was wir wollten und bekamen so unser Abendessen. Und die Worte für Bier und Wein gehören schließlich zu den grundlegenden Dingen, die man immer als erstes lernen sollte, wenn man die Grenzen unseres Landes überschreitet.

Tagesstrecke: 207 km

So, 29.04.2007

Tagesstrecke: 190 km

Auch heute Morgen wurden wir mit Musik geweckt. Es handelte sich dabei diesmal um Gesang, der offenbar aus der Kirche des Ortes kam und andauerte, bis wir um 1000 Uhr aufbrachen. Zunächst ging es auf der Nordseite von Attika sehr schön durch bewaldete Berge, dann wechselten wir auf die Südseite, was sich landschaftlich eindeutig nicht lohnte. Hier war es nämlich flach, wir fuhren zwar zeitweise direkt am Meer entlang, aber an dieser Straße lag auch viel Industrie. Schließlich überquerten wir den Kanal von Korinth über eine schmale Brücke mit längs verlegten Holzbohlen und waren auf dem Peloponnes. Weiter ging es auf kleineren Straßen. Zum Mittag aßen wir einen Salat in einer Taverne irgendwo außerhalb der Ortschaften, deren Bedienung eine Deutsche aus Bayern war.

Nun stand wieder mal ein Stück Kultur auf dem Programm, wir erreichten das alte Amphitheater von Epidavros. Auch hier herrschte wieder einiger Touristenrummel, deshalb schlossen wir unsere Maschinen wieder mit der mitgebrachten Kette zusammen. Dabei kam Ulrike jedoch versehentlich mit dem nackten Unterarm gegen einen Auspuff und brannte sich in Sekundenbruchteilen ein mausgroßes Loch in die Haut. Glücklicherweise gab es auf dem Weg vom Parkplatz zur Stätte mehrere Brunnen mit Wasserhahn, so daß sie die Stelle kühlen konnte. Das war auch sonst ganz angenehm, hatten wir doch auch heute wieder 27 °C im Schatten. Das alte Theater war insofern interessant, als man von den Zuschauerplätzen die Leute "auf der Bühne" tatsächlich ganz gut hören konnte, die alten Griechen wußten ganz offenbar, wie man so etwas baut.

Wegen der Brandwunde (die Stelle fing an, an der Jacke festzukleben) suchten wir uns einigermaßen früh eine Unterkunft. Diesmal fanden wir einen Zeltplatz, der zwar für unsere Begriffe sehr unsauber war, und wir waren auch die einzigen Gäste, aber uns wurde immerhin eine Zeltstelle unter einem Pflanzendach im Schatten geboten. Bei näherer Betrachtung war das Stahlrohrgerüst, welches die Ranken trug, aber auch schon ganz schön verrottet. Doch das Grün verdeckte das gnädig, und so saßen wir gemütlich da, kochten uns etwas aus den Vorräten und köpften danach noch eine Flasche Rotwein.

Mo, 30.04.2007

Beim Aufladen kam der Nachbar vom Besitzer vorbei auf einen kleinen Klönschnack, im Gegensatz zu letzterem sprach er deutsch, er hatte eine Freundin in (Ost-)Berlin. Trotzdem kamen wir wieder wie gewohnt um 1100 Uhr los. Ich folgte Ulrike über größere und kleinere Straßen, oft sehr schön, aber man konnte die Trockenheit des Sommers schon ahnen, je weiter wir nach Süden kamen. Zur Mittagspause suchten wir uns eine Taverne am zentralen Platz eines Ortes. Hier schien das bevorzugte Fahrzeug der Pickup zu sein, wir zählten 8 Stück davon, hingegen nur 3 andere PKW.

Der Nachmittag verging ebenso ereignislos wie der Vormittag. Auf der Suche nach einem Campingplatz sahen wir eine Reihe von ca. 10 Wohnmobilen am Meer stehen und fuhren hinunter, aber dort gab es keinen offiziellen Campingplatz und auch keine sanitären Einrichtungen, und die Wohnmobile hatten alle Kennzeichen aus Slowenien, die gehörten bestimmt zusammen. Später in Thira folgten wir den Hinweisen zu einem Campingplatz und fanden einen direkt am Meer, auf dem auch andere Camper zu Gast waren. Nach dem Zeltaufbau fuhr ich noch einmal alleine zum Einholen los. Nicht nur die Vorräte wurden aufgefüllt, sondern auch frisches Gemüse für eine Nudelbrutzelpfanne besorgt. Mit vollem Bauch machten wir noch einen Spaziergang am Strand und stellten fest, daß sich das Wetter zu verschlechtern drohte, Wind und Wolken kamen auf. Die Betreiberin des Platzes meinte, ein ordentlicher Regen würde dem Land gut tun, was wir gut glauben konnten, auch wenn es für das Zelten und Motorradfahren nicht gerade angenehm wäre.

Tagesstrecke: 221 km

Di, 01.05.2007

Die Bitten der Platzbesitzerin sind zumindest teilweise erhört worden. In der Nacht hatte es ein paar Tropfen gegeben, wir konnten zwar unser Zelt einigermaßen trocken einpacken, aber bald ging es wieder los. Ich weiß nicht, ob es uns nicht lieber gewesen wäre, wenn es statt des leichten Nieselregens, den wir hatten, nicht einmal ordentlich hätte schütten sollen, denn die Straßen wurden schmierig und extrem glatt. Zum Glück dauerte das alles nicht sehr lange, und die Sonne kam wieder heraus.

Wir fuhren zunächst sehr schön an der Küste des Argolikos Kolpos entlang Richtung Süden. An einer Stelle lag ein Küstenmotorschiff maximal 100 Meter vom Ufer entfernt vor Anker, der Bug zeigte auf ein einzelnes Haus, weitere Häuser oder gar Hafenanlagen gab es weit und breit nicht. Die Szene wirkte fast so, als sei dieses Schiff vom plötzlichen Tagesanbruch beim Schmuggel erwischt worden. Ins Auge fiel auch der Campingplatz mit der griechischen Bezeichnung "KAMΠINK", das erinnerte mich leicht an einen Platz vor 18 Jahren in den spanischen Pyrenäen, der zwar die Bezeichnung "International" im Namen führte, auf dem aber die gesamte Beschilderung ausschließlich in Katalan erfolgt war.

Später führte uns unser Weg von der Küste fort in die Berge. Hinter Leonido ging es durch ein äußerst schönes Tal mit allerdings auch äußerst schlechtem Straßenbelag, und der Fluß führte nicht einen Tropfen Wasser. In Kosmas mußten wir auch noch die Regensachen anziehen, hier oben sank die Temperatur zudem auf 11 °C, während es unten an der Küste noch 20 waren. Schließlich kamen wir direkt in die Regenwolken hinein, das bescherte uns Sichtweiten von unter 50 Metern. Aber auf der anderen Seite wurden wir durch eine schöne Aussicht belohnt: Wir blickten hinunter in das mit Wiesen und Kiefern bewachsene Tal, in das unsere Straße führte und das hinten nach links abbog, da füllte sich dieses Tal von hinten mit Wolken, und zwar mit einer beachtlichen Geschwindigkeit. Also ging es weiter durch Wolken und Regen, später unten im Flachland fanden wir uns zu allem Überfluß hinter der Slowenenkarawane von gestern wieder, die mit einer gar nicht beachtlichen Geschwindigkeit durch die Gegend zockelte.

Bei der unsicheren Wetterlage nahmen wir in Skala ein Zimmer im Hotel Alsos, konnten aber zum Abend schon wieder trocken spazierengehen. Dabei fanden wir eine Taverne, die leckeren Fisch im Angebot hatte.

Tagesstrecke: 256 km

Mi, 02.05.2007

Da das Frühstück im Preis von 40 € nicht inbegriffen war, setzten wir uns auf den Balkon und aßen aus unseren Vorräten, auf Tee verzichteten wir aber, denn es versprach, heute wieder ein heißer Tag zu werden. So kamen wir auch schon um 1000 Uhr los. Das Land wurde immer trockener und karger, der triste Eindruck wurde noch verstärkt durch das Wrack eines alten Kümos, das düster am Ufer lag.

Zwischendurch statteten wir den Tropfsteinhöhlen von Dirou einen Besuch ab. Für 12 € pro Person konnte man sich mit Kähnen durch die auf Meereshöhe liegenden Höhlen staken lassen. Abgesehen davon, daß es unter Tage angenehm kühl war, waren auch die Gesteinsformationen wirklich sehenswert. Auf dem Parkplatz trafen wir auch die Motorradfahrer wieder, die wir am Freitag gesehen hatten, das Kennzeichen "LL" stand für "Landsberg am Lech".

Weiter ging es durch die immer steiniger werdende Gegend Richtung Süden, wir wollten mal sehen, wie weit wir hier auf Mani, dem längsten der 5 "Finger" des Pelopponnes, noch kommen würden. Die Straße wurde immer kleiner, führte schließlich in äußerst engen Windungen steil hinunter zu einer Bucht, um in dem dort liegenden Dörfchen in einen Trampelpfad überzugehen. Auch in diesem Ort gab es eine Taverne in der üblichen Anordnung: Rechts die Taverne, davor die (hier im Ort nur noch geschotterte) Straße, auf der anderen Seite 4 Tische unter einem rustikalen Pavillon, dann der Strand. So gönnten wir uns also ein ausgiebiges Mittagessen mit Blick auf eine sehr reizvolle Bucht.

Dann fuhren wir an der Westküste von Mani wieder hoch, um wieder in grünere Ecken zu kommen. In Kalamata schließlich mußten wir eine Weile lang herumkurven, bis wir den auf unserer Karte verzeichneten Campingplatz fanden. Dieser schien ein Nebenerwerbscampingplatz zu sein, die meisten Flächen wurden von dicht stehenden Orangenbäumen eingenommen, die Sanitäranlagen wirkten sehr verwahrlost, und außer uns waren keine anderen Gäste da. Nun, solange wir hier für wenig Geld unser Zelt aufbauen und in Ruhe schlafen konnten, war das zu ertragen, in die Stadt war es nicht weit, wo wir eine Taverne mit anständigem Essen und sauberen Toiletten fanden.

Tagesstrecke: 231 km

Do, 03.05.2007

Beim Aufbruch schenkte uns der Besitzer des Platzes ein paar Orangen, die er direkt vom Baum pflückte und uns in die Hände drückte, und ein paar kleinere Früchte, die wir für Mispeln hielten. Die Straße nach Sparta wartete mit ein paar schönen Serpentinen auf, so daß ich umkehrte und wieder hochfuhr, um von oben noch ein Foto zu machen (und die Strecke noch einmal zu fahren). Überhaupt war es hier in den Bergen wieder sehr schön. Die kleine, auf der Karte weiß verzeichnete Straße nach Megalopoli fand Ulrike problemlos, sie verfuhr sich aber dort in dem Ort, und wir wendeten auf einer Parkbucht an der Landstraße, wo eine junge Familie (Vater, Mutter, ein Kind von ca. 6 Jahren) eine etwas merkwürdige Party feierte: Laute Popmusik dröhnte aus den offenen Türen des PKWs, und sie standen daneben und schwangen leicht im Tanz.

Hinter Andritsea kamen wir in eine Gegend, in der alles voll war mit gelbem Ginster, und der blühte ganz toll, was nicht nur ein Hochgenuß für die Augen, sondern auch für die Nase war, das duftete beinahe betörend. Natürlich wurde dort ausgiebig Pause gemacht und auch einiges an Fotos geschossen.

In Pirgos mußten wir lange herumkurven, bis wir ein Hotel fanden, wo wir ein Zimmer für 50 € ohne Frühstück bekamen. Zum Abendessen gingen wir in der Stadt spazieren und setzten uns in ein Restaurant am zentralen Platz, von wo aus man prima die Leute beobachten konnte. Hier in der Stadt liefen auch viele Frauen herum, alleine oder in Grüppchen, während in den Dörfern Frauen deutlich seltener auf der Straße zu sehen waren.

Tagesstrecke: 263 km

Fr, 04.05.2007

Erstes Ziel für heute war das alte Olympia. Zunächst mußten wir jedoch durch das neue Olympia, wo gerade fleißig gebaut wurde. Die Hauptdurchgangsstraße war gesperrt, die Umleitung ging rechts ganz steil den Berg hoch, oben im Wohngebiet waagerecht parallel zur Hauptstraße weiter und dann genauso steil wieder herunter. Dann an der antiken Stätte ein ähnliches Bild: Der reguläre Besucherparkplatz gesperrt, Ersatzparkplätze weit entfernt. Da wir bei der herrschenden Hitze sowieso wenig Lust hatten, in den Motorradklamotten lange Spaziergänge zu machen, waren wir uns schnell einig, einfach weiterzufahren. So gab es also wieder mal keine Postkarten. Wir hatten nämlich schon seit einigen Tagen gedacht, es wäre so langsam mal an der Zeit, ein paar Urlaubsgrüße nach Hause zu schicken. Aber die Postkarten, die wir in Delphi hätten kaufen können, fanden wir ungeeignet, unsere Fahrt bestand schließlich nicht aus alten Steinfiguren, sondern aus schönen Landschaften. Und überall sonst haben wir nirgendwo irgendwelche Postkarten gesehen. Entweder wir waren immer fernab von allen Touristengegenden, oder Postkarten sind in Zeiten der Fotohandys unmodern geworden. So erörterten wir zwar später bei einer Pause die Möglichkeit, eine Digicam am Lenker unserer Maschinen zu befestigen und automatisch alle Stunde ein Bild an die Mailaccounts sämtlicher Kollegen zu schicken, aber das erschien uns dann doch zu gemein.

Zu dieser Pause hatten wir uns auf die Terasse einer Taverne an einer Abzweigung in der Nähe von Tripotama gesetzt. Hier beobachteten wir die Schüler der Gegend, deren Unterricht gerade vorbei war, wie sie sich auf dem Platz sammelten und entweder in einen Bus stiegen oder von Fahrern mehrerer grauer Mercedes-PKW eingesammelt und nach Hause gefahren wurden. Weiter ging es über kleinere Straßen, die uns durch schöne Gegenden führten und insbesondere in der Mittagszeit nur sehr wenig befahren waren. Später machten wir noch einmal Halt in Kalanistra, wo eine schattige Terasse unter Bäumen zum Verweilen einlud, aber Ulrike sich über eine total verdreckte Toilette beklagte.

Die Stadt Patra schließlich umfuhren wir auf der Autobahn, näherten uns somit von hinten der Brücke über die Meerenge, fuhren darunter durch und fanden direkt dahinter einen Campingplatz, der einen ordentlichen Eindruck machte und durchaus frequentiert war. Neben den üblichen Campern war da auch ein Typ, der in einem winzigen Igluzelt hauste, seiner Aussage nach in Athen wohnte und allerlei schwer durchschaubare Geschäfte zu betreiben schien. Er gab mir eine Telefonnummer, unter der ich die Fähre zurück nach Italien buchen sollte, dort würde ich einen sehr guten Preis bekommen. Aus Höflichkeit nahm ich den Zettel entgegen, hatte aber starke Zweifel, ob ich davon Gebrauch machen sollte.

Nach den gewohnten Aufbauarbeiten verbanden wir einen Spaziergang am Ufer mit der Suche nach einem Restaurant. Es gab hier an der Promenade eine Bar neben der anderen, alle ziemlich voll, und dort, wo wir schließlich auch etwas zu Essen bekommen konnten, war vergleichsweise wenig los, die Griechen schienen abends eher zu trinken als zu essen. Danach genossen wir den Anblick der im Dunkeln schön angeleuchteten Brücke. Inzwischen hatte es allerdings reichlich aufgefrischt, das Meer zeigte einige Schaumkronen, definitiv kein Kajakwetter, aber so schlimm, daß wir um unser Zelt fürchten mußten, war es noch lange nicht.

Tagesstrecke: 208 km

Sa, 05.05.2007

Aufbruch um 11 Uhr wie immer. Wir hatten uns vorgenommen, an der Küste entlang eine kleinere Straße zu fahren, von der wir befürchteten, daß sie nicht ganz leicht zu finden sei, aber das ging. Unsere Erwartungen an die Straße wurden aber insofern enttäuscht, als daß nach einer Strecke über Land irgendwann ein Ort dem anderen folgte und wir darum nicht mehr so angenehm vorwärts kamen. In einer kleinen Stadt machten wir Pause in einem Cafe an der Hauptstraße, von wo aus wir prima das Parkchaos beobachten konnten. Es wurde halt jedweder Platz ausgenutzt, egal, ob andere dann noch wieder herauskamen oder nicht. Bei der Weiterfahrt mußte ich dann an einem Kreisverkehr etliche Autos durchlassen, und ich konnte Ulrike dann nur noch hin und wieder ganz weit vorne zwischen den Blechbüchsen auftauchen und wieder verschwinden sehen. Also dachte ich mir: "Du hast doch 116 PS, mach' es wie die Einheimischen", und nun wurde auch jeder Platz ausgenutzt und Gas gegeben. Und das ging prima, die Griechen waren das offenbar eher gewöhnt als unseren gewöhnlichen zivilisierten Fahrstil, und bald waren wir wieder beisammen.

Auch den Stadtverkehr von Korinth überlebten wir, und es ging wieder über die Brücke mit den längslaufenden Bohlen. Weiter am Ufer entlang bekamen wir öfters riesige Industrieanlagen zu sehen mit Schiffsanlegern, und auf dem Wasser war auch allerhand Schiffsverkehr unterwegs. In Alephori waren mehrere Campingplätze ausgeschildert, aber keiner davon ließ sich finden. Also fuhren wir weiter, wir wußten ja, daß es in Vilia dieses Hotel und davor diese wunderschöne Waldstrecke gab. Da machte es nichts, daß wir relativ spät ankamen, wir bekamen sogar unser altes Zimmer wieder. Auch zum Essen gingen wir wieder in die gleiche Taverne, so viel Auswahl gab es da aber auch nicht. Diesmal holte sich der Koch eine Bekannte von der Straße herein zum Übersetzen. Auch wenn wir kein Wort verstanden, so war der Ablauf doch recht deutlich: "Du hast doch in der Schule Englisch gehabt" und "Ach Mensch, das habe ich doch alles wieder vergessen", "Aber du kannst mich doch hier jetzt nicht hängenlassen" und "Das nützt nichts, ich kann dir nicht helfen." Es endete jedenfalls wieder mit einem Rundgang durch die Küche und Fingerzeigen.

Tagesstrecke: 232 km

So, 06.05.2007

In der Nacht ging es Ulrike nicht so gut. Sie hatte gestern einen in einem Topf köchelnden Eintopf gewählt, und möglicherweise köchelte der da schon seit einigen Tagen. Nach dem Frühstück klönten wir noch eine Weile mit der Tochter des Besitzers, die in Deutschland studiert hatte.

Zunächst ging es die bekannte Strecke zurück nach Thiva, dann weiter in Richtung auf Lamia auf einsamen Straßen in einem ebenen Tal, schöne Mohnblumen auf den Feldern und die fernen Berge pittoresk im Hintergrund. Später kam eine sehr schöne Bergstraße in der Nähe des Meeres, dann erreichten wir die Stadt Volos.

Hier erkundigten wir uns bei der Touristeninformation nach Campingplätzen. Der Mann dort sagte, von den 8 Plätzen auf seiner Liste wisse er nur von zweien, daß es sie auch wirklich gibt. Wir suchen uns einen davon aus, der durch die Stadt hindurch und etwa 8 Kilometer weiter an der Küstenstraße entlang in Kala Nera zu erreichen war. Dort bauten wir unser Zelt neben ein paar Bäumen auf, die zwar kaum Schatten spendeten, zwischen denen sich aber immerhin eine Wäscheleine spannen ließ, und den nötigen Waschraum gab es hier auch. Ulrike war wegen ihrer Unpäßlichkeit ziemlich fertig, ich genoß noch eine leckere Fischmahlzeit im an den Platz angeschlossenen Restaurant mit Blick aufs Meer.

Tagesstrecke: 330 km

Mo, 07.05.2007

Da Ulrike sich heute immer noch nicht wieder gesund fühlte, standen wir spät auf und verbrachten den Vormittag damit, irgendwo im Schatten zu liegen (sie) bzw. Postkarten zu schreiben und im Mittelmeer zu baden (ich). Nach dem Mittag brach ich dann doch zu einer kleinen Tour auf. Ich hatte vor, einfach vom Campingplatz aus in die Berge zu fahren und die Gegend etwas zu erkunden. Das klappte zunächst ganz gut, aber irgendwann fand ich mich in einem Bergdorf wieder, wo der Straßenbelag zuerst zu Kopfsteinpflaster wurde und dann auch noch kleine Stufen aufwies. Als dann noch das, was von der Straße übriggeblieben war, in einem Tunnel unter einem Haus durchführte, beschloß ich, daß es an der Zeit war, umzukehren.

Der Unwillen, die gleiche Straße wieder zurück ans Meer zu fahren, brachte mich schließlich auch noch nach Volos, wohin ich eigentlich auch nicht wollte. Da ich aber nun schon einmal da war und an einem Friseur vorbeikam, fiel mir ein, daß ein Haarschnitt eigentlich schon längst fällig war bei der Hitze und unter dem Helm. Der Friseur sprach etwas englisch, hatte aber noch zwei Kunden in der Warteschleife. Das machte aber nichts, ich hatte ja Zeit, und hier im Laden war es klimatisiert und damit angenehm kühl. Der Grieche, der vor mir dran war, setze sich irgendwann auf den Stuhl, und der Friseur nahm die Maschine und säbelte das schöne füllige Haar radikal bis auf ein paar Milimeter herunter. Ich muß dabei wohl große Augen gemacht haben, denn er guckte mich an und sagte: "Don't worry". Und er machte das auch nur an den Seiten, ließ in der Mitte einen handbreiten Kamm der Pracht stehen, das muß der wohl so bestellt haben. Und auch ich bekam einen ordentlichen Haarschnitt, nicht zu kahl und trotzdem etwas kühler bei den Temperaturen.

Auf dem Rückweg hielt ich noch bei einer Apotheke, aber hier war die Verständigung natürlich schwierig, und dann wollte die Apothekerin mir nichts mitgeben, sondern meinte, man solle zum Arzt gehen. Aber Ulrikes Magenbeschwerden wurden langsam wieder besser, und ich, der ich ja keine Probleme hatte, ließ mir im Campingplatzrestaurant ein schönes Rindersteak schmecken.

Tagesstrecke: 68 km

Di, 08.05.2007

Heute ging es Ulrike wieder ganz gut. Nachdem wir ihre Luftmatratze in das Mittelmeer getunkt haben, um ein Loch zu suchen, daß sie schon eine ganze Weile plagte, ging es los auf eine Tagestour. Zunächst nach Süden zur Landspitze, wo wir unterwegs öfters wegen Ziegenherden auf der Straße scharf bremsen mußten und dafür unten im Hafen des letzten Ortes unter einer Überdachung mit schönen Blumenampeln sitzen und essen konnten.

Zunächst ging es die gleiche Straße wieder zurück, die Ziegenherden und Steinkrümel auf der Straße kannten wir ja jetzt. Dann bogen wir rechts ab auf die Ostseite des Zipfels, wo wir wirklich schöne Bergstraßen unter die Räder bekamen. An der Abzweigung nach Volos machten wir nochmals Pause, hier hatten wir von einer Terasse aus einen herrlichen Blick auf die Berge und das Meer. Oben auf der Höhe gab es noch einen kleinen Abzweig, der eine noch schönere Aussicht versprach. Ulrike wollte nicht mitkommen, da sie befürchtete, die Strecke würde zu anspruchsvoll werden, insbesondere scheute sie das mit Sicherheit kommende Wendemanöver auf schmalem und möglicherweise unbefestigtem Weg. Also fuhr ich alleine hoch und versprach, schöne Fotos zu machen. Oben bot sich jedoch kein Ausblick, sondern der Weg führte schnurgerade über die Kuppe in ein Militärgebiet, so kehrte ich unverrichteter Dinge wieder um.

Die Straße führte uns nun nach Volos. Wir wollten eigentlich einen Abzweig nach Agria nehmen und Volos damit umfahren, den fanden wir jedoch nicht. Aber die Abfahrt aus den Bergen hinunter nach Volos hatte durchaus auch ihren Reiz. Weiter ging es dann auf der inzwischen wohlbekannten Küstenstraße.

Als wir am Campingplatz ankamen, sahen wir, daß wir inzwischen neue Nachbarn bekommen hatten, eine Gruppe Motorradfahrer aus Kempten. Sie waren an einer ihrer Maschinen am Schrauben, also ging ich hin, um ihnen anzubieten, mich zu fragen, falls ihnen irgendwelches Werkzeug fehlt. Sie dankten mir und meinten, das sollte nicht nötig sein. "Obwohl, eine Feile wäre nicht schlecht", wobei ich dem Frager ansah, daß er dachte: "Hat der bestimmt nicht dabei". Da ich von der Aktion mit Ulrikes Kupplungshebel wußte, daß er sich irrte, ging ich sofort den Leatherman holen und konnte mich an seiner Überraschung freuen. Sie hatten einen Schaden am Gestänge der Sitzbefestigung einer BMW GS, den sie so wieder beheben konnten. Wir haben uns dann mit den dreien, Bärbel, Ferdl und Kalle hießen sie, zum Bier verabredet und noch einen sehr netten Abend gehabt. Die drei waren mit deutlich geländetauglicheren Maschinen als wir ausgestattet, längst nicht das erstemal in Griechenland und auf Schotterpisten und unbefestigte Wege aus ("wo für euch der Spaß aufhört, fängt er für uns erst an"). Später gingen wir aus der Campingplatztaverne zu den Zelten und wechselten von Bier auf Wein. Die Kemptener hatten einen kleinen Klapptisch dabei, in den sie eine Art Mast stecken konnten, an dem sie eine kleine Lampe hängten, die aus einer Bordsteckdose gespeist wurde. Diese Lampe wurde eingesetzt, als es auf dem Platz stockdunkel wurde, nachdem die Elektrik gegen 22 Uhr (vom Platzbesitzer angekündigt) für Reparaturarbeiten abgeschaltet wurde. Das fand insbesondere Ulrike sehr praktisch, seitdem denkt sie auch über den Anbau einer solchen Steckdose an ihre Maschine nach.

Tagesstrecke: 228 km

Mi, 09.05.2007

Nachdem wir gestern das Loch in der Luftmatratze markiert hatten, danach mußte die ja erstmal wieder trocknen, wollten wir heute flicken. Aber die nagelneue und ungeöffnete Klebstofftube war innen ganz leer, es kam nur Luft heraus. Während wir also die ungeflickte Matratze zusammen mit dem ganzen anderen Zeltkram aufpackten, zogen die Kemptener zu einer Tagestour los, nicht ohne uns zuvor noch einen Campingplatz in Meteora zu empfehlen, wo sie die vorige Nacht verbracht hatten.

In Volos mußten wir eine Weile nach der richtigen Ausfallstraße suchen und bekamen dabei einen Einblick in städtische Wohngebiete, der meinetwegen durchaus hätte kürzer ausfallen dürfen. In Velestino verließen wir die Schnellstraße wieder und fuhren eine Weile durch eine intensiv landwirtschaftlich genutzte, aber landschaftlich ebenso intensiv reizlose Gegend. Irgendwann kamen wir wieder auf eine große Landstraße, und die führte schließlich schnurgerade auf die Felsen von Meteora zu, die einsam und von weither sichtbar in der Ebene standen.

Ohne Probleme fanden wir den empfohlenen Campingplatz in Kastraki, der direkt am Fuße der Felsen lag und die Empfehlung durchaus wert war. Hier gab es eine Mischung von Dauercampern und Durchreisenden, und in der Nähe wohnte eine Gruppe junger Deutscher in alten Lieferwagen, die anscheinend den ganzen Sommer über hier lebten und Klettertouren anboten.

Nachdem wir aufgebaut hatten, kam ein weiterer Motorradfahrer, und natürlich ging ich irgendwann hinüber, um ihn zu begrüßen. Er hieß Alberto, kam aus Mailand, fuhr eine Reiseenduro von Aprilia und sprach gut englisch. So gingen wir abends zusammen Bier trinken. Er wollte natürlich wissen, wie uns sein Heimatland gefallen hat, wir sprachen über unsere Route, aber er konnte überhaupt nicht verstehen, daß wir keine Stadtbesichtigungen zum Beispiel in Siena gemacht hatten. Unser Argument, daß Motorradklamotten nicht geeignet sind, um in der Hitze lange durch irgendwelche Straßen zu laufen, schien er eher aus Höflichkeit zu akzeptieren, und ich unterließ es dann lieber, darauf hinzuweisen, daß Italien ja nur Durchgangsland für uns gewesen war.

Da Alberto in entgegengesetzte Richtung zu uns unterwegs war, konnten wir ihm den Campingplatz hinter Volos empfehlen, auf dem wir die Kemptener getroffen hatten. Außerdem erzählte er von seinem Traum, einmal mit dem Motorrad durch Indien zu fahren, und ich versprach, ihm die Daten eines Buches zu schicken, das ich für den Rückflug von Neuseeland gekauft hatte und das genau von organisierten Motorradtouren durch Indien handelt (Krzystyniak, Steve and Goa, Karen: "Bitten by the Bullet", ISBN 1-877246-75-1). So tauschten wir also zuhause noch ein paar Mails aus.

Tagesstrecke: 223 km

Do, 10.05.2007

Nachdem wir wie jeden Tag um 1100 Uhr mit Abbauen fertig waren, begaben wir uns hoch auf die Felsen zu den berühmten Klöstern. Diese hatte man hoch oben auf die Felsen gebaut, so daß die Gebäude teilweise die ganze Felskuppe einahmen. Aber an einer Stelle hatte man immer noch Platz für einen modernen Parkplatz gefunden, und dort war dann auch richtig viel los. Da wir bei über 30 °C wieder mal wenig Lust auf anstrengende Besichtigungsgänge verspürten, guckten wir uns das nur von draußen an, ich machte ein paar Fotos, und uns der Rummel zuviel wurde, sahen wir zu, daß wir weiterkamen. Bei der Abfahrt wäre Ulrike beinahe von einem Reisebus erwischt worden, der plötzlich um eine Ecke kam und fast den ganzen Platz beanspruchte, der zwischen Felsen und Abgrund vorhanden war.

Die Straße nach Joannina führte sehr schön durch die Berge, die hier auch mit grünem Wald bewachsen waren, und wir fanden unterwegs einige beschauliche Plätze, wo es sich gut Pause machen ließ. Die Fahrt wurde gekrönt mit einer sehr schönen Aussicht auf den See, an dem Ioannina liegt. Und auch über die Stadt selbst mußten wir uns nicht groß ärgern, denn die Route bog kurz nach dem Ortseingang rechts ab und verließ die Stadt gleich wieder. Auch die weitere Strecke blieb so schön, so daß auch der deutsche BMW-Fahrer, der sich den hiesigen Fahrstil mit deutscher Gründlichkeit angeeignet hatte und uns um jeden Preis überholen mußte, den Genuß nicht ernstlich trüben konnte.

Am späten Nachmittag in Igoumenitsa angekommen fanden wir direkt am Anfang der Uferpromenade ein Reisebüro, wo wir die Fährtickets buchen konnten. Nun hatten wir noch richtig viel Zeit, erstmal wurde essen gegangen und dann am Ufer entlangspaziert. Die Sonne schickte sich an, sehr malerisch unterzugehen über der Bucht, und ich überlegte, ob ich den Fotoapparat hervorholen sollte. Ulrike meinte: "Dann mußt du dich aber beeilen, gleich ist sie weg!" Und da hatte sie absolut recht. Das ging so schnell hier unten im Süden, da konnte man direkt zugucken. Und um 2230 Uhr, als die Fähre nach Ancona abfuhr, war es natürlich schon stockdunkel.

Tagesstrecke: 234 km

Fr, 11.05.2007

An diesem Morgen konnten wir ausschlafen und in aller Ruhe frühstücken, das Essen war allerdings schlecht und teuer. Aber die See war spiegelglatt, der Himmel allerdings sehr dunstig. Mehrfach sahen wir unterwegs irgendwelche Gegenstände, wahrscheinlich Müll, am Schiff vorbeiziehen.

In Ancona angekommen, war es wieder an mir, vornewegzufahren. Die Straße Nr. 76 nach Perugia an Gabbio vorbei fand ich problemlos, Pietralunga verpasste ich aber irgendwie. Richtung Città di Castello wurden wir von den Wegweisern auf eine Autobahn geführt, auf dieser umfuhren wir zwar einige Ortschaften, aber weil wir ja eigentlich Landstraßen fahren wollten und zudem die Pflasterqualität recht schlecht war, fuhren wir bald wieder runter. Das erwies sich jedoch als keine gute Idee, die Straßen wurden auf kürzester Strecke immer schlechter, und schließlich standen wir vor einer Sperre. Hier wuchsen Pflanzen durch den Asphalt, und offenbar hat man einfach beschlossen, die Straße nicht weiter zu unterhalten. Also ging es reumütig wieder zurück auf die Autobahn, die unserer schon nicht besonders guten Laune jedoch noch mit einer langen Baustelle arg zusetzte. Das Ganze wurde gekrönt mit einer Verengung von zwei Spuren auf eine mitten in einem Tunnel.

Aber irgendwann kamen wir auch da durch. In unserer Karte war in der Nähe von Bagno di Romagna ein Campingplatz verzeichnet, und da wir ja die Erfahrung gemacht hatten, daß es zumindest in den Bergen nicht allzuviele davon zu geben schien, hatten wir uns diesen als Tagesziel ausgesucht. Doch dort angekommen fanden wir ein großes Schild mit "zu verkaufen" vor, der Platz war nicht mehr in Betrieb. Beim Weiterfahren fiel mir ein Hinweis zu einem Agriturismo (laut meinen Vorbereitungskurs war das ein Bauernhof, der auch Gäste aufnimmt) ins Auge, und ich dachte, das kann man ja auch mal probieren. Die Schilder lauteten auf den Namen "La Banditina" und führten uns zuerst durch ein Wohngebiet und dann eine lange Strecke auf einem Feldweg steil den Berg hoch. Als die Asphaltierung aufhörte und es auf einem schlechten Ackerweg weiterging, fing Ulrike an zu meutern, so erkundete ich alleine weiter. Oben angekommen gab es tatsächlich einen Hof, dem ein kleiner Zeltplatz angegliedert war, wo wir bleiben konnten, der Betreiber sprach allerdings schlechter englisch als ich italienisch. Als ich Ulrike nachgeholt hatte, gab es zunächst einen unangenehmen Moment, als die Frau des Besitzers ihr einfach so das Helmvisier aufmachte, weil sie es gar nicht glauben wollte, daß sich unter diesem Helm eine Signora befand. Der Besitzer bat für seine Frau um Entschuldigung, ich verstand, daß sie wohl geistig etwas krank sein sollte.

Wir kauften Duschmarken, bauten unser Zelt auf, und Ulrike verschwand im Waschraum, um gleich darauf mit noch schlechterer Laune wieder herauszukommen. Der Münzautomat war kaputt. Ich konnte den Besitzer davon überzeugen, den Kasten abzunehmen, so daß wir den Mechanismus blockieren konnten, was immerhin den Charme hatten, daß wir nicht mehr auf die Zeit achten mußten. Nach einem kleinen Spaziergang war die Welt dann auch wieder in Ordnung. Zu Abend ließen wir uns von unseren Wirtsleuten beköstigen, was sehr lecker war. Danach saßen wir noch auf ein Bier im Empfangsraum, es kamen auch ein paar der Dauercamper dazu, mit denen sich unser Wirt auf italienisch unterhielt. Immerhin bekam ich mit, daß er eine Geschichte erzählte von einem Doktor (der Italiener sagt aber vermutlich dottore zu allen Akademikern), aus dem Ruhrgebiet, der mit dem Fahrrad auf dem Weg nach Rom, wo seine Tochter heiraten sollte, hier eingekehrt war.

Tagesstrecke: 238 km

Sa, 12.05.2007

Am Morgen bezahlten wir 65 € für Zeltplatz, Abendessen und ein ordentliches Frühstück und machten uns nach Tanken und Einkaufen wieder auf den Weg. Den ganzen Tag lang fuhren wir auf recht kleinen Straßen durch schöne Landschaft. Im Gegensatz zu Griechenland war hier alles grün, und nachdem wir die griechische Fahrweise kennengelernt hatten, fragten wir uns nun, warum wir denn mit der italienischen überhaupt je ein Problem gehabt hatten. Leichte Adrenalinausstöße gab es lediglich bei der meterlangen Schlange, die sich mitten auf der Straße sonnte, die wollten wir ja nicht unbedingt überfahren.

Vor Firenzuola sah ich plötzlich links im Tal einen Wohnwagen durch die Bäume schimmern, und da wir es nach Verona nicht mehr allzuweit hatten, konnten wir durchaus schon am frühen Nachmittag anfangen, einen Campingplatz zu suchen. Aber obwohl das Gelände von oben wie ein kleiner Campingplatz aussah, handelte es sich in Wirklichkeit nur um eine Art Taverne, die aber sehr schön am Flußufer gelegen war, und es standen Tische und Bänke auf der Wiese. Nach einer längeren Unterhaltung mit der Bedienung machte sie uns das Angebot, wir könnten hier unser Zelt aufbauen, aber erst abends, wenn es dunkel war, sonst könnten sie Ärger mit den Behörden bekommen, und morgens müßten wir auch bis 800 Uhr wieder abgebaut haben. Das war für uns vollkommen in Ordnung, wir stellten unsere Motorräder hinten ab und genossen den Rest des Nachmittags bei kalten Getränken und Klönschnack (die Bedienung sprach englisch, und es waren keine anderen Gäste da). Zum Abendessen ließen wir uns auch noch ein paar leckere Pizzen backen, bevor wir mit Dunkelwerden unser Zelt aufbauten. Nach dem Einräumen konnten wir uns noch eine Weile an Nachtigallengesang und Glühkäferleuchten erfreuen.

Tagesstrecke: 185 km

So, 13.05.2007

Heute kamen wir wegen der Zeltdeadline natürlich früh hoch, die Reihenfolge mit erst abbauen und dann frühstücken war allerdings etwas ungewohnt. Auch bekamen wir hier nur Kaffee, aber wir hatten ja gerade nochmal frisch eingekauft. Da wir schon nicht mehr allzuweit von Verona entfernt waren, quartierten wir uns schon am Mittag auf dem Campingplatz "Il Sergente" ein. So kamen wir am Nachmittag noch in den Genuß einer schönen Rundtour mit leeren Maschinen. Abends wurden dann Spaghetti aus unseren Vorräten gekocht.

Tagesstrecke: 184 km

Mo, 14.05.2007

Diesen Morgen haben wir uns mit dem Abbauen etwas mehr Zeit gelassen, wir wollten das Zelt nach der letzten Nacht möglichst trocken einpacken, denn am Nachmittag sollte uns der Autoreisezug wieder aufnehmen. Abfahrt um 1120 Uhr bei wieder bestem Wetter. Bis kurz vor Pianoro fuhren wir noch auf der kleinen Straße, dann ging es gegen 1300 Uhr auf die Autobahn, denn die Po-Ebene war ja landschaftlich sowieso nicht der Bringer. Unterwegs zog sich dann auch der Himmel zu, bei unserer Ankunft in Verona um 1445 Uhr war der Himmel vor uns schon reichlich grau, so langsam wurde das Klima auch etwas drückend. Beim Einchecken stellte sich heraus, daß unsere Buchung nicht im Computer vermerkt war, aber das ließ sich klären. Bis zur Verladung um 1600 Uhr hatten wir noch reichlich Zeit für eine Pizza im Bahnhofsrestaurant und ausgiebigen Klönschnack mit ein paar anderen Motorradfahrern.

Kurz nach der Abfahrt um 1810 Uhr fing es an zu regnen, und je weiter wir Richtung Alpen kamen, desto finsterer und nasser wurde es. Aber wir saßen ja zum Glück unter Dach. Beim Einchecken wurde uns gesagt, in Bolzano würde es voll werden, so richteten wir uns schon auf Mitbewohner im Abteil ein, aber es kamen keine.

Tagesstrecke: 219 km

Di, 15.05.2007

Vermutlich hat es die ganze Nacht hindurch geregnet, auf alle Fälle empfing uns beim Aufstehen graues Regenwetter. Erst zwischen Uelzen und Lüneburg wurde es trocken draußen. Der Gedanke, die ganze Strecke in dem Wetter auf dem Motorrad zurücklegen zu müssen, ließ uns innerlich schaudern, und wir freuten uns über unserer Wahl des Transportmittels. Und in Hamburg war es trocken, wenn auch mit 13 °C ungewohnt kalt, so daß wir die letzten Kilometer auch noch ganz entspannt zurücklegen konnten.

Tagesstrecke: 10 km

Gesamtstrecke: 5428 km.

Nachspiel

Das Nachspiel hatte wie meistens erst einmal ein Vorspiel: Für einen Urlaub ist es immer gut, Bargeld dabeizuhaben. Also ging Ulrike eines Abends zur Postbank, steckte ihre EC-Karte in eine Maschine, die daraufhin ihre Kontoauszüge druckte, und dann in eine zweite, die eben jenes Geld ausspucken sollte. Das tat die jedoch nicht, sondern meldete: "Karte defekt". Nun hatte die Karte ja vor 15 Sekunden noch perfekt funktioniert, da der Automat solcher Argumentation jedoch nicht zugänglich war, ging Ulrike unverrichteter Dinge wieder nach Hause. Dort angekommen, merkte sie, daß sie ihre Karte nicht mehr hatte, die mußte sie wohl vor Ärger dort steckengelassen haben. Immerhin ziehen die Automaten nicht entnommene Karten nach einer Weile ein, trotzdem hat sie die Karte sicherheitshalber sofort telefonisch sperren lassen. Am nächsten Morgen begab sie sich dann zu Öffnungszeiten wieder auf die Post. Die Dame am Schalter erklärte, in solchen Fällen würden die Karten grundsätzlich gleich morgens an die Zentrale geschickt. "Ist denn heute morgen auch eine Karte dringewesen?" "Die ist dann ja jetzt nicht mehr hier." Erst auf erneute Nachfrage gab sie zu, daß das der Fall gewesen war. "Sie schreiben sich doch sicher vor dem Verschicken die Nummern der gefundenen Karten auf. Können Sie bitte mal nachgucken, ob diese Nummer" (reicht einen Zettel rüber) "mit dabei war?" "Aber die Karte haben wir dann ja weggeschickt." "Können Sie bitte mal nachgucken?" Sie ließ sich tatsächlich dazu bewegen, 3 Schritte zur Seite zu gehen, in einem Ordner zu blättern und herauszufinden, daß tatsächlich Ulrikes Karte dort gefunden worden war. Und: "Die Rückgabe der Karte müssen Sie über das Telefonbanking abwickeln." Dort bekam Ulrike jedoch den Bescheid, zum Entsperren der Karte brauche man ein Schriftstück, das ginge nicht per Telefon. Also wurde noch schnell ein Schreiben aufgesetzt in der Hoffnung, wenigstens nach dem Urlaub wieder über eine EC-Karte verfügen zu können.

Nun kamen wir also wieder, die Nachbarn hatten fleißig unseren Briefkasten geleert, und was fanden wir also auf unserem Küchentisch? Richtig: Nichts, jedenfalls nichts von der Postbank. Also wieder dort angerufen: "Ja, die Karte war defekt, die haben wir vernichtet. Wir haben gewartet, daß Sie sich melden."

Literatur und Karten

[1] Seitz, Josef: "Griechenland. Die schönsten Touren im Land der Götter", Motorbuch-Verlag, ISBN 3-613-02264-8

[2] ADAC-Karte Italien, 1:650.000

[3] Michelin Karte Griechenland, 1:700.000, ISBN 978206711945-1

[4] Strieder, Ela: "Italienisch Wort für Wort", Kauderwelsch Band 22, Reise Know-How Verlag, ISBN 3-89416-482-4

[5] Spitzing, Karin: "Griechisch Wort für Wort", Kauderwelsch Band 4, Reise Know-How Verlag, ISBN 3-89416-564-2


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