Devon und Cornwall 2004

Für den Sommer 2004 hatten wir noch ein paar Tage Urlaub übrig, und wir hatten geplant, eine verlängerte Woche lang den Süden Englands mit unseren Motorrädern zu durchstreifen.

Leichte Bedenken hatten wir allerdings wegen des Wetters. Bisher hatte sich das Wetter diesen Sommer als ziemlich unfreundlich erwiesen, und England ist ja nicht gerade für mediterranes Klima bekannt, allerdings soll es unten im Süden ja noch am angenehmsten sein.

Freitag, 30.07.2004

Wir hatten eine Schiffspassage Cuxhaven-Harwich und zurück gebucht. Über Holland ist es zwar geringfügig günstiger, aber schon wenn man die Benzinkosten für die Fahrt nach Holland einbezieht, rechnet sich das nicht mehr wirklich, zumal wir auch keine Lust auf die lange Autobahnfahrt mit all dem Streß hatten.

So fuhren wir in aller Gemütsruhe mittags in Hamburg los, und ausnahmsweise schien an diesem Tag sogar mal die Sonne, das hatten wir nach den vergangenen Wochen mit endlosem Regen gar nicht zu hoffen gewagt.

Dafür bekamen wir noch vor der Köhlbrandbrücke Probleme mit einer Baustelle und heftigem LKW-Verkehr, in der Vergangenheit waren wir diese Strecke aber auch nur am Wochenende gefahren, wenn wir in das Alte Land wollten, werktags war das hier wohl immer so.

Auf der anderen Seite fuhren die Laster aber alle auf die Autobahn, wir zockelten gemütlich durch die Ortschaften im Alten Land, machten eine Pause beim Motorradtreff am Lühe-Fähranleger und fuhren zunächst weiter über kleinere Straßen, bis ich auf meiner Uhr im Cockpit sehen konnte, daß wir uns so langsam etwas mehr beeilen mußten.

Also in Hemmoor auf die B 73, aber obwohl es eigentlich noch nicht Zeit für Feierabendverkehr war, ging es immer langsamer und langsamer voran und staute sich nachher sogar! Nun, wir kamen noch rechtzeitig (1530 Uhr) an der Fähre an, trauten uns aber nicht mehr, noch irgendwo auf die Suche nach einer Tankstelle zu gehen.

Auf der Fähre ging es im üblichen Stop and Go eine Rampe hoch, so daß wir beweisen konnten, daß wir auch das Anfahren am Hang sicher beherrschten. Unsere Motorräder durften wir selber anbinden (ich wäre mir nicht immer sicher, daß das Fährpersonal weiß, welche Teile unserer Maschinen dazu stabil genug sind), aber uns standen wie auch auf einer der Neuseelandfähren dafür nur einfache Tampen ("Kälberstricke") zur Verfügung. Vor dem nächsten Schiffstransport werde ich einen Satz ordentlicher Ratschengurte kaufen...

Wir hatten uns den Luxus einer eigenen (Innen-)Kabine geleistet und unser Übernachtungsgepäck in die Tankrucksäcke gepackt. Die Kabine war jedoch so groß, daß wir auch unsere Koffer hätten mitnehmen können, sogar einen Tisch mit Sofa gab es. Nach dem Auspacken bekamen wir eine Lautsprecherdurchsage zu hören, nach welcher wir noch auf ein paar Passagiere warten müßten und sich deshalb die Abfahrt um eine halbe Stunde verzögern würde.

Für den Rest des Tages genossen wir das schöne Wetter an Deck (auf die Band, die dort spielte, hätten wir allerdings verzichten können) und später das Bier vom Faß in der Bordkneipe.

Tagesstrecke: 192 km

Sonnabend, 31.07.2004

Nach einer ruhigen Nacht in anständigen Betten frühstückten wir ein paar Sandwiches, bevor wir um 1130 Uhr in Harwich eintrafen. Wir konnten die Fähre zügig verlassen und uns in den Linksverkehr begeben. Die Umstellung, die auf den ersten Meilen massiv durch Massen von Schildern "Remember to keep left" unterstützt wird, bereitete keine großen Probleme, man fährt einfach immer den anderen hinterher. Wir wollten zunächst meine Verwandtschaft in Birmingham besuchen und hatten uns darauf geeinigt, diese Strecke recht zügig, d. h. auf großen Straßen und Autobahnen, zurückzulegen. Das ging nicht immer so einfach, so konnten wir uns zum Beispiel die (sehr schöne!) Innenstadt von Cambridge genauer ansehen, weil ich einen Wegweiser übersehen hatte. Kurz danach gab es auf der Schnellstraße einen Stau, der eindeutig durch Gaffer verursacht wurde, denn die kaputten Autos standen schon lange auf der Grünfläche (Grummel, Murmel...).

Als wir bereits in Birmingham durch die Wohngebiete fuhren, fiel Ulrike auf, daß mein rechter vorderer Blinker am Kabel herunterbaumelte. Das war ausgerechnet wieder der, den ich schon einmal ersetzen mußte, weil ich mir den beim Rangieren abgebrochen hatte. Das hatte ich damals auch laut und deutlich gemerkt, diesmal bin ich mir sicher, nirgendwo gegengefahren zu sein. Es gab seinerzeit die verchromte Ausführung nicht mehr, seitdem fahre ich mit zwei unterschiedlichen Blinkern umher, und das wird nun wohl auch weiter so bleiben.

Bei meiner Tante und meinem Onkel angekommen, galt es zunächst, die Motorräder unterzustellen, denn genau hier hatte man uns vor 6 Jahren das Auto aufgebrochen und die gesamte Zeltausrüstung geklaut, und die Menschen in dem Viertel leben in ständiger Angst vor Einbrüchen. Zu jedem dieser Reihenhäuser gehört eine Garage, in dieser stand jedoch ein uralter Mini Cooper mit festgerosteter Handbremse. Mein Angebot, mich mal drunterzulegen und zu sehen, ob man das nicht wieder gangbar machen konnte, wurde nicht angenommen, statt dessen fuhr ein netter Nachbar sein Auto für uns aus der Garage.

Abends gab es indisches Essen (mein Onkel ist Pakistani), dann wurde noch gemütlich Karten gespielt.

Tagesstrecke: 277 km

Sonntag, 01.08.2004

Am Vormittag kamen meine Cousinen mit ihren Familien zu Besuch, deren Kinder in den letzten 6 Jahren sich doch stark verändert haben. So kamen wir auch erst am Nachmittag wieder los, nachdem zuvor noch mein Blinker geschient werden mußte. Dies geschah mit Hilfe eines Metallstreifens aus der Mappe einer Hängeregistratur so zufriedenstellend, daß ich das Teil erst 2 Monate später endgültig ausgetauscht habe.

Wir fuhren nun sehr schön über mal größere, mal kleinere Straßen nach Süden. Die Autofahrer fahren selten richtig agressiv, und die Straßen winden sich nett mit nicht zu scharfen Kurven durch die Landschaft. Sehr angenehm auch das völlige Fehlen von Leitplanken, bei Motorradfahrern auch "Leidplanken" genannt, weil die scharfkantigen Stützen derselben einem auf der Fahrbahn dahinrutschendem Biker Arme und Beine abreißen können. Und in Deutschland könnte man manchmal meinen, daß Autos nur durch Leitplanken auf der Straße gehalten werden, so viele gibt es davon. Dafür scheint es ein Hobby der Engländer zu sein, Leitungen unter der Fahrbahn zu verlegen. Dafür wird ein ein bis zwei Handspannen breiter Gang in den Asphalt gefräst, oft kilometerlang, der sich natürlich nicht ohne Unebenheiten wieder schließen läßt, und natürlich immer in der Mitte der Fahrspur, wo wir mit unseren schmalen Reifen gerne langfahren möchten.

Wir kamen nach Avesbury, wo sich ein Steinkreis ähnlich dem von Stonehenge befindet, der sich hier aber mitten durch das Dorf zieht (nein, natürlich ist das Dorf jünger...). Hier liefen unglaublich viele Okkultismusgläubige herum in Klamotten, die aus den siebziger Jahren zu stammen schienen. Auch einen sehr schönen (Fachwerk-)Gasthof gab es, und ich freute mich schon auf ein kühles Gezapftes, aber es gab leider keine freien Zimmer. Aber in dem Ort Devizes fanden wir (in einem ordentlichen, aber eben nicht ganz so schönen Gasthof) unser Zimmer (70 £) und auch unser Bier.

Tagesstrecke: 200 km

Montag, 02.08.2004

Immer noch war es sehr warm und sonnig. Nach einem reichhaltigem englischem Frühstück stellte ich meinen Fahrradtacho auf Meilen um, indem ich den Wert für den Radumfang einfach durch 1,6 teilte.

Der Steinkreis von Stonehenge Die A 360 war gesperrt, es gab eine weitläufige Umleitung, und nur weil wir dieser gefolgt sind, fanden wir bei Amesbury einen Hinweis auf den berühmten Steinkreis von Stonehenge. Dieser liegt nämlich im Gegensatz zu dem von Avesbury mitten in den Feldern, mittlerweile gab es allerdings ein Besucherzentrum mit für PKW und Busse kostenpflichtigem Parkplatz, für Motorräder war das Parken aber umsonst. Eintritt hätten wir allerdings auch zahlen sollen, wir begnügten uns aber mit dem Blick über den Zaun, direkt zu den Steinen hätten wir sowieso nicht gedurft.

Als wir weiterfahren wollten, traf ein britisches Paar auf einer roten Ducati ein, und wir klönschnackten eine Weile. Dann bog Ulrike rechts ab statt links, und ich mußte feststellen, daß meine Hupe kaputt war (wir haben keinen Funk), so daß ich sie nicht auf den Fehler hinweisen konnte und wir die Stätte einmal weiträumig umrundeten.

schmale Straße Weiter ging es über teilweise ganz kleine und schmale Straßen, die hier fast immer von hohen Hecken gesäumt sind. Wir erreichten schließlich die Stadt Glastonbury, von der behauptet wird, daß dort König Artus begraben sein soll. Am Rande der Stadt gibt es einen großen Turm auf einem markanten Hügel ganz oben, den man aber ausschließlich per Sonderbus erreichen kann. Den haben wir nicht genommen, sondern statt dessen im Zentrum an einem Brunnen Pause gemacht und mein Kommunikationsmittel (die Hupe) repariert, ein Kabel war gebrochen. Auch hier im Ort liefen einige Hippies herum, und es gab einen Backpacker am Platz.

Hinter Bridgewater wird die A 39 zwar kleiner, aber es herrschte immer noch ziemlich viel Verkehr, deshalb versuchten wir, auf kleineren Straßen nach Norden zur Küste hin auszuweichen. Im ersten Anlauf führte die Straße plötzlich durch ein großes Tor, neben dem ein Schild stand: "You are entering a nuclear power plant." (Hinckley Point), da sind wir doch lieber umgekehrt.

Ein Stück später kam auf einer dieser ganz kleinen Straßen ein großer Traktor mit Anhänger von rechts und wollte dahin, wo ich herkam. Er mußte dazu auf meine Spur, weil er sonst nicht um die Ecke herumkam, und ich nahm schon Gas weg, aber er lenkte scharf ein. Es rummste ganz doll, als sein Anhänger die Mauerecke mitnahm (hier war ausnahmsweise keine Hecke), aber das schien ihn gar nicht zu bekümmern.

Im Fischerdorf Watchet machten wir Pause und trafen die Ducatifahrer von Stonehenge wieder, die uns den Weg zum Hostel in Minehead beschrieben, wo sie wohnten. Man mußte dort ca. einen Kilometer links auf einer Gravel Road den Wald hoch, aber der Weg war umsonst, sie waren ausgebucht, es war halt Hauptreisezeit.

In Porlock mußten wir erstmals die Regensachen anziehen, weil sich ein heftiges Gewitter ankündigte. Am Ortsende galt es, eine gewaltige Steigung zu bezwingen, 1:4, das sind 25 %! Auch wenn sowas normalerweise mit dem Motorrad Spaß macht, so war das doch bei dem herrschenden Regenguß absolut kein Vergnügen. Entschädigt wurden wir jedoch durch den Anblick der Blitze über der Hochebene, auf die wir nun fuhren. Das war das Exmoor, eine mit wenig mehr als Heidekraut bewachsene Landschaft, in der es wilde Pferde geben soll. Der Abstieg nach Exford war nicht ganz so steil wie der Aufstieg, das YHA jedoch genauso voll wie das in Minehead, aber wir fanden ein B&B für 60 £ mit einer Katze, die mir beim Tagebuchschreiben Gesellschaft leistete und mir interessiert über die Schulter guckte. Allerdings gibt es in einem B&B kein offizielles Abendbrot, drum aßen wir auf unserem Zimmer von unseren Vorräten, die wir für eventuelle Hostelaufenthalte mitgenommen hatten.

Tagesstrecke: 279 km

Dienstag, 03.08.2004

Unser Gastgeber tischte uns ein üppiges englisches Frühstück auf mit gebratenem Schinken, Spiegelei, Bratwurst, und auch die Tomate und sogar ein Teil des Toastbrotes waren gebraten. So ein Essen kann einen für den ganzen Tag niederstrecken. Zum Thema Wetter meinte unser Wirt, daß es hier in der Gegend eigentlich gar keinen Regen gäbe, sondern lediglich mehr oder weniger starken Seenebel. Nun, das, was uns gestern aus den Serpentinen spülen wollte, war jedenfalls der heftigste Nebel, den ich je erlebt hatte. Da der Himmel immer noch recht finster aussah, zogen wir unsere Regensachen an und machten uns auf den Weg zurück zur Küste.

Ein wildes Pferd im Exmoor Wieder oben auf der Hochebene fanden wir nicht nur wabernden Nebel, sondern auch wilde Ziegen und Pferde, und wir stiegen ab, um aus respektvoller Entfernung und mit Teleobjektiv ein paar Fotos zu machen. Nach kurzer Zeit hielten die ersten Toristenautos, und die Insassen gingen für meinen Geschmack viel zu dicht an eine lagernde Herde heran, was die Tiere aber nicht wirklich zu beunruhigen schien. Später im Dartmoor sollten wir schließlich sehen, wie sehr sich diese "wilden" Tiere bereits an den Menschen gewöhnt haben.

Zurück auf der Hauptstraße sah ich nach einigen Kilometern links einen Hinweis auf die "Alternative route to Brendon" mit dem Zusatz "only for light vehicles", und da der Ort ungefähr in unserer Richtung lag, ließ ich meinem Entdeckergeist freien Lauf und bog ab. Dies war nun eine wirklich schmale Straße, zwei Motorräder hätten sich wohl gerade noch aneinander vorbeiquetschen können, ansonsten gab es hier und da eine winzige Ausweichbucht. Hinter Brendon erreichten wir unsere Hauptstraße wieder, und auch diese war sehenswert, ging es doch bei Lynmouth noch einmal steil zu Tal und wieder hoch. Aber es klarte langsam auf, so daß wir uns unserer Gummiklamotten entledigen konnten.

Der Gedanke, zwischen Barnstaple und Bideford am Fjord entlangfahren zu wollen, war nicht so glücklich, die ganze Strecke ist Wohngebiet und man hat selten freien Blick auf das Wasser. Somit verzichteten wir vorerst auf weitere Experimente und fuhren brav auf der A39 weiter bis Kilkhamton, wo wir abstiegen und uns an einen Brunnen im Ort setzten, um ein paar Kekse zu verzehren. Der Fahrer einer schwarzen BMW K75 hielt für ein Schwätzchen bei uns an, er kam aus Hamburg wie wir, lebte aber schon seit 6 Jahren in der Gegend, und sein Deutsch hat in dieser Zeit bereits einen kleinen Akzent angenommen. Er schwärmte von problemlosen Motorradfahren im Winter, wenn in Norddeutschland Schnee und Eis die Straßen in gefährliche Rutschbahnen verwandelt... Man ist halt deutlich näher am Golfstrom dort.

Ruinen einer alten Mine an der Küste Hinter Newquai wollte ich wieder näher zur Küste, aber in Perranport herrschte Touristenbetrieb mit einem Stau, der jedem Ort an der Côte d'Azur alle Ehre gemacht hätte, und in St. Agnes kamen wir vom Weg ab und endeten in einem Ferienhausgebiet an der Küste. Wir machten Pause bei den Ruinen einer alten Mine und genossen den Ausblick, aber als Regen einsetzte, machten wir uns doch wieder auf den Weg. Da wir auch noch Geld tauschen mußten, fuhren wir zurück nach St. Agnes, fanden dort aber keine Bank. Also weiter zurück nach Perranporth, hier hörte der Regenschauer auf, doch war der Automat kaputt, und das Hostel war ausgebucht. Die Stadt Redruth schließlich erschien uns als das krasse Gegenteil zu Perranporth, denn als wir kurz nach 1800 Uhr dort ankamen, waren alle Geschäfte geschlossen und der Ort wie ausgestorben, aber es gab eine Bank mit funktionierendem Geldautomaten. Ich telefonierte mit dem Hostel in Penzance, um zu erfahren, daß dort nur noch ein einziges Bett (für Männer) frei war. Also fuhren wir über kleinere Straßen mehr landeinwärts weiter und fanden in Leedstown ein B&B bei älteren Farmern. Ein paar Meter weiter gab es einen Pub, wo wir zu abend essen und wieder einmal feststellen konnten, daß das Guinness auf den Inseln einfach frischer schmeckt als in Deutschland, woran auch immer das liegen mag.

Tagesstrecke: 265 km

Mittwoch, 04.08.2004

Unsere Wirtin empfahl uns, von hier aus südwestlich nach Marazion zu fahren, der Ausblick sei sehr schön dort, und St. Ives sei "very busy". Da wir uns jedoch schon gerne die ganze Landspitze ansehen wollten, fuhren wir trotzdem westwärts in dem Gedanken, schlimmer als Perranporth könne es eigentlich gar nicht werden. Das war auch richtig so, der Verkehr war zwar spürbar, aber noch erträglich, aber der Ort ist schön, erinnerte mich leicht an Nizza.

Weiter nach St. Just ging die Straße ziemlich schmal zwischen Steinmauern durch karge hügelige Gegend, leider bekamen wir durch starken Nebel nicht allzuviel von der Landschaft mit. Bei Land's End lichtete sich die Suppe jedoch glücklicherweise wieder.

Land's End Das Parken war hier auch für Motorräder nicht umsonst (1 £) und der Touristenrummel rund um das "first and last house" gigantisch, aber es gab einen trotz grauem Himmels recht schönen Ausblick die Steilküste entlang mit einem Schiffswrack in der Ferne.

Über die sehenswerte Uferpromenade von Penzance und dem empfohlenen Ausblick von Marazion auf die Insel Mount St. Michael (die kleine Schwester vom Mont St. Michel bei St. Malo in Frankreich) kamen wir schließlich zum Lizard Point, dem südlichsten Punkt von England. Hier ist die Küste nicht ganz so spektakulär, aber immer noch sehenswert. Hier kam nun auch endgültig die Sonne durch, und es wurde richtig warm.

Lost Gardens of Heligan Hinter Truro bogen wir wieder ab auf kleinere Straßen Richtung Osten, und wir fanden per Zufall einen Hinweis auf das YHA Boswinger. Obwohl es noch lange nicht Zeit zum Suchen einer Unterkunft war, wollten wir es ein letztes Mal mit einem Hostel versuchen, wir konnten ja nach dem Einchecken noch einmal wieder losfahren. Aber das Hostel (in der Nähe von Gorran) war ausgebucht wie alle anderen vorher auch, und so nahmen wir unseren ursprünglichen Plan wieder auf und fuhren zurück Richtung Mevagissey zu den Lost Gardens of Heligan. Hierbei handelt es sich um einen alten herrschaftlichen Park, der seit Beginn des ersten Weltkrieges nicht mehr verändert worden war und den man versucht hat, wieder originalgetreu zu restaurieren. Das Parken für Motorräder war wieder umsonst, aber der Eintritt kostete 7,50 £ pro Person, doch das lohnt sich, kann man doch hier u. a. in einem richtigen tropischen Garten spazierengehen. Dies geschah jedoch auch bei fast tropischer Hitze, wir waren jedenfalls froh, unsere Jacken am Eingang abgeben zu können.

Nicht weit davon entfernt fanden wir dann auch unser B&B in einem Farmhaus mitten in der Landschaft. Da man uns in Deutschland davor gewarnt hatte, die Motorräder in welcher Gegend auch immer über Nacht an der Straße stehen zu lassen ("je mehr Verkehr, desto größer das Risiko"), fragten wir nach einer Möglichkeit, die Moppeds außer Sicht unterzustellen. Dabei hatte ich eigentlich an irgendwo hinter dem Haus gedacht, aber unsere Wirtin bot uns den Vorgarten hinter der 1,20 Meter hohen Mauer an. Dazu mußten wir die Maschinen zwei Stufen hoch durch ein Tor fahren, das nur wenig breiter als mein Lenker war, das ging aber, und die Reifenspuren im Rasen waren wohl auch nicht so schlimm.

Tagesstrecke: 200 km

Donnerstag, 05.08.2004

Nachdem wir wieder einmal mit einem Frühstück versorgt wurden, das uns mehr als genug Kraft gab, um die Maschinen wieder zurück auf die Straße zu bugsieren, fuhren wir bei derselben Hitze zunächst nach Mevagissey, ohne dort jedoch viel von der Küste sehen zu können, dafür gab es ein paar ganz beachtliche Steigungen.

Die Kuppeln vom Eden Project Für heute stand ein Besuch beim Eden Project auf dem Programm. Das ist eine Anlage, die wohl ursprünglich dazu gedacht war, unter Kuppeln ein autarkes Biotop zu erzeugen, inzwischen ist das jedoch ein riesiger Botanischer Garten. Die Stätte verfügt über eine extragroße Parkplatzanlage, die einzelnen Areale sind durch Früchte und Zahlen zum Wiederauffinden gekennzeichnet. Motorräder parken bei Apple 3, bei Apple 1 gab es eine Schließfachanlage, in der wir für ein £ Pfand unser ganzes Geraffel einschließen konnten. Der Eintritt kostete 12 £ pro Person, dafür konnte man den ganzen Tag lang in der Anlage herumwandern und alle Kuppeln besichtigen, was wir auch ausgiebig taten, so daß wir erst am späten Nachmittag wieder weiterfuhren.

Die Endeavour Wir fuhren über kleine Straßen an der Küste entlang und kamen in den Ort Fowley, dort mußten wir uns zuerst ganz enge Gassen mit zahlreichen Fußgängern (alles Touristen) teilen und dann eine Fähre nehmen. Dabei hatten wir das Glück, daß just in diesem Moment ein "alter Segler" den Fluß hochkam, ein Nachbau von Cooks Endeavour vermutlich, und fuhr unter Motor.

Unser Tagesziel war das Fischerdorf Polperro. Der Ort ist für Kraftfahrzeuge mit Ausnahme von Anliegern gesperrt (berechtigt wegen der engen Gassen auch hier), der Parkplatz am Ortseingang wäre für Motorräder kostenfrei gewesen. Aber da wir eine Unterkunft suchten, durften wir hineinfahren, und wir fanden auch schnell ein kleines Zimmer im B&B für 2 x 16 £, wo wir die Maschinen hinter dem Haus parken konnten.

So gingen wir dann zu Fuß durch den äußerst malerischen Ort hinunter zum Hafen, wo die Boote bei Niedrigwasser an den Seiten Stelzen ausbringen, wie man es auch gegenüber im französischen St. Malo beobachten kann. Der Tag klang aus mit gutem Essen und einigen frischen Guinness.

Tagesstrecke: 67 km

Freitag, 06.08.2004

EintrittskarteVor dem Aufbruch ging es noch in das Heritage Museum of Fishing and Smuggling, dessen Besuch (zu Recht) von der Motorradfahrer-Zeitschrift "Der Tourenfahrer" empfohlen wurde. Hier gab es nicht nur viele alte Photographien zu sehen, sondern auch wahre Geschichten von Schmuggelunternehmungen sowie dem Seemann, der auf einer einsamen Insel ausgesetzt wurde, zu lesen. Auf der Weiterfahrt fiel mir im Fischerdorf Looe ein echter alter Segler auf, der leuchtend gelb gestrichen an der Kaimauer lag.

"Do not feed the ponies!" Wir wandten uns nun Richtung Norden, um Plymouth zu umgehen und mit dem Dartmoor das zweite berühmte Hochmoor der Gegend zu besuchen. Gleich zu Anfang kam ein großer Parkplatz mit großen Schildern "Do not feed the ponies!", welche jedoch von vielen Leuten ignoriert wurden. Entsprechend zutraulich waren die "wilden Pferde" denn auch. Wir sahen eine junge Frau, die so unvorsichtig war, ihr Eis in die Nähe eines Pferdekopfes zu halten, und zack! Weg war es. Sie flüchtete irritiert in das Auto ihrer Eltern, das Pferd folgte in Erwartung weiterer Köstlichkeiten und steckte den Kopf durch das geöffnete hintere Fenster. Ich mußte das Tier kurzzeitig ablenken, denn sie traute sich nicht herüber, um die Scheibe hochzukurbeln. Aber wenn es mal keine Naschereien gab, nahmen die Tiere auch gerne ein paar Streicheleinheiten in Empfang.

die Tiere folgen einem bis auf den Parkplatz Auch sonst ist das Dartmoor sehr abwechslungsreich, wir fanden mal größere Grasflächen, mal Farnkraut, mal eine Mischung aus Heidekraut und Ginster vor. Vielleicht hätten wir jedoch nicht nach Widecombe abbiegen sollen, hier wurde die Landschaft wieder ziemlich "gewöhnlich", das nächste Mal würde ich wohl die B 3212 probieren.

Die Stadt Exeter ist schlecht zu umfahren, und Freitag Nachmittag war überall Stau, so sind wir auf die A 30 und A 35 ausgewichen und haben uns erst hinter Dorchester auf die Suche nach einer Unterkunft gemacht. Uns wurde schließlich von einer Wirtin, die selbst kein freies Zimmer mehr hatte, eine Übernachtung in einem sehr netten B&B (Mrs. Caroline Peters, Ilsington Estate, Tincleton, Tel. 01305-848277) vermittelt, das wir alleine nie gefunden hätten. In einem alten Farmhaus bekamen wir ein riesiges Zimmer, und da der Partner von unserer Wirtin selbst Motorrad fährt (Triumph Speed Triple, er hatte mit 56 Jahren noch den Führerschein gemacht), haben wir uns noch lange und nett unterhalten, nachdem wir mit seinem Auto losgefahren und für alle Fish&Chips geholt hatten.

Tagesstrecke: 273 km

Sonnabend, 07.08.2004

Auf eine ruhige Nacht in einem wunderbar festen Doppelbett folgte wieder eines dieser gehaltvollen englischen Frühstücke. Nach herzlichem Abschied fuhren wir bei bestem Wetter zunächst nördlich an Bournemouth vorbei, um dann den New Forest zu besuchen. Auch hier bestand die Vegetation überwiegend aus Heide und Nadelbüschen, es gab aber auch etwas Wald und auf einem Parkplatz auch wieder "wilde" Pferde, die jedoch etwas scheuer waren.

Pause im Schatten, während andere schwitzen An Southampton vorbei bis Winchester nahmen wir wieder die Autobahn, dann bogen wir ab auf die A 272, die eine der schönsten Motorradstrecken der Gegend sein sollte, was wir aber aufgrund starken Autoverkehrs nicht wirklich genießen konnten. Irgendwo unterwegs konnten wir uns an einem Dorkplatz zur Mittagspause in den Schatten setzen, während die Einheimischen in der prallen Sonne Kricket spielten.

In Maresfield drehten wir ab nach Norden, die B 2026 führte uns durch eine schöne Landschaft, die auf den Schildern als ein Sowieso Forest (den Namen habe ich vergessen) bezeichnet wurde, der aber auch wieder überwiegend aus Heidekraut und Gebüsch bestand. Wahrscheinlich sieht der Sherwood Forest genauso aus, und die Robin-Hood-Filme sind alle gelogen!

In Edenbridge fingen wir an, eine Unterkunft zu suchen, allerdings vergeblich, es fänden 2 Hochzeiten in diesem paradiesischen Ort statt und alles sei ausgebucht. Da wir nicht wußten, ob wir nicht wieder ein B&B mitten in der Pampa ohne Möglichkeit zum Abendessen bekommen würden, versuchten wir, separat etwas zu essen, denn unsere Vorräte waren inzwischen restlos aufgebraucht. Dazu wiederum war es zu früh, die Küche öffne erst um 1800 Uhr. So fuhren wir weiter und versuchten unterwegs erneut unser Glück, aber die Hochzeitsgäste schienen sich über die gesamte Region verteilt zu haben, und ein weiteres Restaurant, welches wir nach 1800 Uhr anfuhren, öffnete erst um 1900 Uhr. Wir fanden aber zuerst unser Abendessen und viel später, als Ulrike sich schon damit abgefunden hatte, draußen zu schlafen (immerhin hatten wir Fleeceschlafsäcke dabei), gab es in Sevenoaks im "Farmers" ein Zimmer für 56 £ (um 2030 Uhr). Nach der Hitze des Tages genossen wir zuerst eine Dusche und dann noch zwei Guinness draußen im Biergarten.

Tagesstrecke: 365 km

Sonntag, 08.08.2004

Schon beim Frühstück fingen wir wieder an zu schwitzen. So beeilten wir uns mit dem Aufbruch, außerdem wußten wir ja nicht, wie lange es dauern würde, um an dem Moloch London vorbeizukommen. Das ging jedoch besser als erwartet, lediglich einen kurzen Stau gab es der wiederum durch Gaffer erzeugt wurde, die ein brennendes Auto auf dem Seitenstreifen ganz genau betrachten mußten. Der Tunnel unter der Themse kostet zwar normalerweise Maut, jedoch erfreulicherweise nicht für Motorräder.

Hinter Colchester gab es dann wieder Stau, weshalb wir auf kleinere Straßen auswichen und über Manningtree, Mistley und Ramsey nach Harwich fuhren. Das werden wir nächstes Mal auch wieder machen, denn die Strecke war doch recht schön.

In Harwich suchten wir uns einen Schattenplatz, um unser Schiff abzuwarten. Das war wieder das gleiche Schiff wie auf der Hinfahrt, das Verzurren der Motorräder klappte beim zweiten Mal besser, und wir bekamen auch wieder die gleiche Kabine.

Tagesstrecke: 191 km

Montag, 09.08.2004

Nach einer Überfahrt, die ebenso ruhig war wie die Hinfahrt, kamen wir pünktlich in Cuxhaven an, mußten dort aber eineinhalb Stunden warten, weil der deutsche Zoll mit deutscher Gründlichkeit vorging. Immerhin wurden wir von den Ordnern in eine Schlange direkt neben einer Mauer gewiesen, so daß wir es im Schatten einigermaßen aushalten konnten.

Auch Schilder mit Hinweisen wie "Bitte fahren Sie rechts" gab es nicht hinter dem deutschen Fährterminal. Wir kannten uns natürlich mit dem Rechtsverkehr bestens aus, fuhren zunächst auf der B 73 und machten dann einen Schwenk in's Alte Land. Allerdings war es wohl ein Fehler, durch Finkenwerder fahren zu wollen, denn dort war Stau, obwohl eigentlich noch keine Feierabendzeit war. Hinter der Köhlbrandbrücke hatten wir auch wieder die uns schon von der Hinfahrt bekannte Baustelle, die uns stadteinwärts den Weg nach Wilhelmsburg verwehrte, aber der Weg durch den Freihafen war dafür frei, wie er ja dem Namen nach auch sein sollte. So kamen wir am frühen Nachmittag nach 2443 km wieder zuhause an.

Tagesstrecke: 131 km

Nachspiel

Zuhause angekommen, fanden wir sämtliche unsere Balkonpflanzen vertrocknet vor, auch in Deutschland war vergangene Woche das Wetter ausnehmend gut gewesen. Obwohl unmittelbar Sofortmaßnahmen am Unfallort eingeleitet wurden, war nichts mehr zu retten. Eigentlich hatte Ulrikes Schwester den Auftrag gehabt, während unserer Abwesenheit einmal zu kommen und für Wasser zu sorgen. Später stellte sich dann heraus, daß Ulrikes Mutter der Schwester gesagt hatte, sie bräuchte nicht zu kommen, die Nachbarn würden gießen.

Schon in einem früheren Jahr hatten wir so unsere Freude an dem Wasserservice: Wir kamen aus dem Urlaub zurück und fanden auf dem Tisch ein Wasserglas mit ein paar Blüten drin vor, jedoch keine Blüten mehr an unseren Balkonpflanzen. Ulrikes Schwester erklärte, sie habe immer brav gegossen, aber trotzdem hätten die Blüten ganz traurig heruntergehangen, da habe sie die abgeschnitten und in ein Glas gestellt, damit wir wenigstens noch ein bißchen was davon hätten.

Bei unseren Balkonpflanzen handelte es sich damals um Hängenelken.


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