Mittelgebirgstour 2022

Alle Motorradreisen, die uns zwar nach Süden, aber nicht in die Alpen oder darüber hinaus und nicht oder nur ganz kurz ins Ausland führen, heißen bei uns "Mittelgebirgstouren". Meistens sind die eher von kürzerer Dauer, diesmal hatten wir eine Woche Urlaub genommen. Ich habe aufgehört, zu zählen, wie viele solche Touren wir schon unternommen haben, aber Tatsache ist, dass wir auch solche Fahrten in Deutschland immer als schön und interessant empfunden haben. Der Plan für diesmal war, zunächst den Thüringer Wald, dann die Flüsse Wiesent und Altmühl zu besuchen, dann weiter zum Bayerischen Wald und eventuell auch noch in den Böhmerwald nach Tschechien zu fahren, und dann würden wir auch schnell wieder zurückfahren müssen.

Sonnabend, 03.09.2022

Eine einigermaßen frühe Abfahrt war angesagt, denn in den letzten Wochen hatte es eigentlich zu jeder Tageszeit Verkehrsprobleme schon beim Überqueren der Elbe gegeben. Und auch ein Stau bei Soltau hat sich in den letzten Jahren als feste Größe etabliert. Und jetzt war auch noch Wochenende. Aber manchmal geschehen offenbar Wunder, beide Befürchtungen bewahrheiteten sich heute nicht. Lediglich bei Bispingen gab es eine Baustelle, die aber erfreulicherweise nicht für Stillstand, sondern nur für etwas höhere Viskosität im Verkehrsfluss sorgte. So kamen wir gut durch und verließen die Autobahn an der Abfahrt Lehrte Ost. Kurz davor gibt es einen Rastplatz, wo man Pause machen und die Option "Autobahn vermeiden" im Navi aktivieren kann.

Bei der Überlandfahrt wird man eher selten für längere Zeit angehalten, in unserem Fall geschah dies allerdings einmal an einem Bahnübergang. Aber wie Wartezeit wurde uns nicht lang, denn vor unseren Rädern tummelte sich eine Mäusefamilie auf der Straße, recht stattliche Tiere waren dabei, fast so groß wie die Gerbils, die ich mal hatte, aber das Fell viel dunkler braun.

Der Harz bot das gewohnte Bild: Bei Torfhaus auf weite Strecken tote Bäume, nach Osten hin dann wieder besser. Ein Stück vor der Ortschaft Tanne hatte es auf gerollsplitteter Straße dann noch einen Motorradunfall gegeben. Wir sahen zwei ziemlich übel zugerichtete Maschinen liegen, aber Polizei und auch zwei Krankenwagen waren schon zur Stelle.

Im folgenden Flachlandabschnitt überwog dann die Farbe Ocker - die Ernte war größtenteils schon eingefahren, lediglich ein noch nicht gemähtes Getreidefeld ist mir noch aufgefallen (farblich auch nicht anders), und hier und da stand noch der Mais. Eigentlich müssten diese Tage auch die Weihnachtsschokoladen in den Supermärkten auftauchen.

Das SpießberghausSchließlich erhob sich unser Zielgebirge vor uns. Wir fuhren hinein und recht bald links von der Straße ab auf einen ganz kleinen asphaltierten Weg in den Wald. Dort kam nach anderthalb Kilometern dann in absolut idyllischer Lage das Spießberghaus, wo wir für die nächsten zwei Tage bleiben wollen. Und unser früher Start heute Morgen hat sich insofern ausgezahlt, als wir ca. eine Stunde nach Ankunft mit unseren Büchern von der Bank draußen wieder nach drinnen flüchten mussten, weil ein kleiner Regenschauer über die Gegend zog.

Beim Abendessen kam jemand aus einer anderen Gruppe an unseren Tisch und bat, von meinem T-Shirt ein Foto machen zu dürfen. Das Motiv darauf ist denen vom Wacken-Festival nachempfunden, aber die Überschrift lautet "Hacken", und die Bandnamen sind u.a. "Debug Mode", "sudo's Priest", "Subroutine to Sally" usw. Das verstehen nur Leute, die etwas über Rockmusik und Softwareentwicklung wissen, aber der hier (.NET-Entwickler) war einer davon.

Tagesstrecke 437 km, km 127787 (los bei km 127350)

Sonntag, 04.09.2022

Der Regen war vorbei, der Himmel wieder blau. Draußen stand um halb zehn schon kein anderes Motorrad mehr, alle waren schon abgefahren, und unsere Sitzbänke waren trocken, als hätten wir auch schon längst unterwegs sein sollen. Da ließen wir uns denn auch nicht mehr lange bitten. Ulrike hatte zwei Routen aus der Zeitschrift "Der Tourenfahrer" ins Navi gehackt, und ich lud die längere davon in den Speicher, und ab ging es.

Nach einiger Zeit hatte ich allerdings den Eindruck, diese Tour stünde unter dem Motto "den Thüringer Wald von der Ebene aus betrachten", und so hielt ich an, um der Sache nachzugehen. Aber damit hatte es seine Richtigkeit, Ulrike wollte auch noch einmal nach Weimar. Hätte ich das vorher gewusst, hätten wir die Fahrt dorthin auf morgen verschieben und bei der Gelegenheit kurz beim dortigen Büro meiner Firma "Hallo" sagen können. Aber Weimar ist eine schöne Stadt auch ganz ohne Kollegenplausch, und dank einer Straßensperrung bekamen wir auch ganz ordentlich was davon zu sehen.

Holzbrücke über die Ilm in BuchfartIn Buchfart machten wir dann Pause an der 200 Jahre alten Holzbrücke über die Ilm. Der Fluss führte allerdings zur Zeit gar kein Wasser mehr, ein Spaziergänger meinte dazu, ganz Thüringen sei dieses Jahr sehr trocken.

Auf der weiteren Tour kam dann auch ich voll auf meine Kosten, wir durchfuhren einige der kleinen Täler des Thüringer Waldes, auch wenn wir wegen einiger weiteren Straßensperren nicht überall dorthin kamen, wo Ulrike bzw. der Tourenfahrer-Redakteur sich das so gedacht hatte. Aber eine Genießer-Tour war es auf alle Fälle. Daran tat auch der Umstand keinen Abbruch, dass unser Navi uns kurz vor Ende in Friedrichroda noch einmal unvermittelt in kleinste Wohnstraßen und eine Sackgasse schickte.

Tagesstrecke 315 km, km 128102

Montag, 05.09.2022

Heute versprach der Wetterbericht mal wieder beste Bedingungen für eine Tour. Gestern beim Aufpacken kamen wir noch mit einem Wandererpärchen ins Gespräch, und der Mann empfahl uns angelegentlich, nach Eisenach zu fahren, dort gäbe es das größte zusammenhängende Villengebiet in Deutschland, das müssten wir uns unbedingt angucken. Meinen spontanen Gedanken, wir würden ganz bestimmt nicht zum zur Schau gestellten Reichtum irgendwelcher Bonzen pilgern, sprach ich höflicherweise nicht aus. Aber nach einer Weile Nachdenken entstand die Erkenntnis, dass es sich bei alten Schlössern und Kirchen im Prinzip auch um nicht viel anderes handelt, nur waren die Bonzen weder sozialistisch noch kapitalistisch, sondern feudalistisch. Wie auch immer, die Tour heute brachte uns über den Großen Inselsberg und dann - nach Eisenach. Mir sind viele schöne alte Häuser aufgefallen, das Bonzenviertel haben wir meiner Wahrnehmung nach nicht durchquert. Aber auch die schönen Altbauten alle wurden zwar von armen Arbeitern, aber ganz gewiss nicht für arme Arbeiter errichtet.

Abgeerntete ÄckerDa wir ja jetzt wussten, in welcher Gegend die Fortbewegung aufgrund von Bauarbeiten schwierig werden würde (um Masserberg und Katzhütte herum), wurde der entsprechende Abschnitt gleich aus der Naviroute entfernt, was diese dann doch etwas kürzer machte. Trotzdem verbrachten wir einen schönen Tag mit Fahrten durch ein paar kleinere Täler sowie das große Waldstück rund um Oberhof herum. Zwischendurch gab es zwar immer mal wieder dunklere Wolken am Himmel, aber es blieb den ganzen Tag über trocken.

Öfters sehen wir schöne alte HäuserKurz vor Ende in Friedrichroda hielt Ulrike noch einmal an, prüfte das Navi und sagte: "Sieht gut aus." Ich antwortete von hinten: "So lange wir uns auf den Hauptstraßen befinden wie hier, bleibt das auch so." Und keine 500 Meter weiter bog sie nach links ab in die kleinen Wohnstraßen und führte uns zielsicher zur gleichen Sackgasse wie gestern. Der Hinweis war akustisch nicht durchgedrungen.

Während des Abendessens ging draußen wieder ein Regenschauer nieder. Ich saß so, dass ich durch die geöffnete Tür des Souterrains draußen flach über den Boden gucken konnte, die Gischt sprühte mehr als eine Handbreit hoch, das Ganze war aber schnell wieder vorbei.

Tagesstrecke 211 km, km 128313

Dienstag, 06.09.2022

Die Sonne zieht die Feuchtigkeit des letzten Regens aus der WieseZum Frühstück war der Himmel bedeckt, aber es regnete nicht. Und der Wetterbericht sagte, das solle bis zum späten Nachmittag so bleiben. Die Realität war jedoch anderer Meinung. Am Ortsausgang von Oberschönau setzten wir uns deshalb in ein Buswartehäuschen und ließen einen Gewitterschauer über uns hinwegziehen. Die nun folgende landschaftlich noch einmal sehr schöne Strecke bescherte uns so zwar nassen Asphalt, aber auch tolle Dunstwolken, die durch den Wald waberten.

Heute galt es, vom Thüringer Wald in die Fränkische Schweiz zu versetzen. Man konnte zwar merken, dass die Gegend dazwischen flacher wurde, eintönig dagegen wurde sie nie. Allerdings hatten wir auch dabei wieder mit Straßensperren zu tun. Und es wirft allerhand Fragen auf, wenn einem angekündigt wird: "Ortsdurchfahrt Fllmgllmpfkirchen Richtung Coburg gesperrt". Ok, durch die Stadt Coburg wollten wir nicht, aber mehr oder weniger daran vorbei. Konnte also gut sein, dass auf unserer Route teilweise Coburg auch in unserer Richtung ausgeschildert war. Und natürlich kenne ich nicht jedes Kaff unterwegs auswendig. Hm, hier war jetzt eine Umleitung ausgeschildert, ich nahm ich also an diesem Kreisverkehr mal die erste statt der zweiten Ausfahrt. Nach einer Weile sagte das Navi: "Links ab!" Von Umleitung nichts zu sehen, weder links noch geradeaus. Also mal links ab. Es kam eine ganz kleine Straße durch den Wald, vom Fahrerlebnis schon einmal ein Gewinn. Die endete an einer Hauptstraße, wir sollten nach rechts weiter, in die Richtung waren auf dem Wegweiser alle Ortsnamen durchgestrichen, ohne Ausnahme. Aber man konnte da weiterfahren, und aus der Richtung kamen auch viele Fahrzeuge, sogar Lastwagen. Also rechts weiter. Eine Ortschaft, zwei Ortschaften, kein Anzeichen einer Baustelle. Wieder fünf Kilometer weiter schließlich die Baustelle, alles wurde zwangsabgebogen, aber in die Richtung, die wir laut Navi sowieso hätten nehmen sollen. Also mal wieder viel Gewese um nichts!

SerpentinenstreckeDie Fränkische Schweiz war wieder mal sehr schön! Keine so ganz hohen Berge, aber liebliche kleine Talstraßen mit viel Grün. Und die Sonne war auch schon längst wieder herausgekommen. Für die nächsten zwei Nächte hatten wir nettes ein Zimmer im Landgasthof Frankenstern in Behringersmühle. Da wir relativ früh angekommen waren, gingen wir noch ein Stück weit auf einem kleinen Weg für Fußgänger und Radfahrer am Bach entlang spazieren. Wir kamen an ein Restaurant, welches laut Schild in der Tür wegen Krankheit derzeit geschlossen war. Hier führte eine kleine Brücke über den Fluss. Auf der anderen Seite gab es eine schon etwas verfallene Baracke, wo man laut vergilbter Aushänge früher mal Bogenschießen und ähnliche Aktivitäten hat betreiben können. Dann folgte ein alter Bahnhof, der jetzt einen Bootsverleih (geschlossen, möglicherweise aber nur zu dieser Uhrzeit) und eine Tischlerei (auch niemand da) beherbergte. Laut Aushang fuhren hier im Sommer viermal im Monat Museumseisenbahnen ab. Dahinter stand dann eine Reihe uralter Eisenbahnwaggons, der meteorologischen Entsorgung preisgegeben, einige Dächer waren schon eingefallen. "Lost places" gab es offenbar auch hier.

Tagesstrecke 211 km, km 128524

Mittwoch, 07.09.2022

In unserer vorigen Unterkunft konnte man am Frühstücksbuffet auch Sekt bekommen, das wurde auf einer Kreidetafel beworben mit dem alten Spruch "Ein Gläschen am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen", eine Aussage, die ich übrigens stark bezweifle. Hier nun hat man das ins Englische übersetzt mit: "bubbles against troubles".

Unser heutiges Ziel lag nur gerade mal 6 Kilometer entfernt, denn in Doos warteten zwei Einerkajaks auf uns. Die hatte ich schon im Voraus für heute gebucht bei einem hiesigen Bootsverleih. Wir bekamen zwei allseitig abgeschmirgelte T-Canyon von Prijon, zu jedem Boot ein Doppelpaddel und immerhin auch eine Spritzdecke mit auf den Weg. Und schon ging es los auf die Wiesent zur "Spritzigen Tagestour".

Die WiesentDiesen Namen hatte die Firma nicht von ungefähr gewählt. Die Wiesent ist hier ein munteres Flüsschen mit meist flotter Strömung und immer mal wieder einer kleinen Stromschnelle zwischendrin. Dabei erwies sich auch sofort, dass die Boote alt waren und die Spritzdecken nicht mehr dicht. Aber es war ja schließlich Wassersport und das warme Wetter würde bestimmt noch wieder dafür sorgen, dass die Klamotten wieder trocken wurden.

Das Tal erfeut das Auge mit steilen WändenDie meiste Zeit über nahmen wir kaum wahr, in welch schönem Tal wir uns befanden, relativ eng, und immer mal wieder wurden die bewaldeten Hänge an den Seiten durch einzelne Felsen unterbrochen. Die Ufer waren auf weite Strecken mit Drüsigem Springkraut bewachsen, jener Pflanze mit meist lila Blüten, deren reife Früchte platzen, sobald man sie berührt. Auch konnten wir einen Eisvogel sehen, und außerdem fiel uns öfters eine Sorte Ente mit kupferfarbenem Kopf auf, die wir noch nicht kannten (und auch im Nachhinein nicht zweifelsfrei bestimmen konnten). Als ich zwischendurch mal das Paddel hingelegt hatte, um ein Foto zu machen, hörte ich Ulrike weiter vorne mit jemandem sprechen. Und als ich an die Stelle kam, konnte ich auch sehen, mit wem: Ein kleiner Vogel mit weißer Brust saß in einer Schwallstelle auf einem Ast und rührte sich nicht von der Stelle, als wir beide nacheinander ganz dicht an ihm vorbeifuhren.

Mit vielen kleinen StromschnellenLeider hatten wir unterwegs auch 5 Umtragestellen, 4 Mühlenwehre und eine Brücke, unter der für uns zum Paddeln zu wenig Platz war. Teilweise war der Weg recht weit, und an einer Mühle mussten wir gebückt unter einer Wegebrücke hindurch. Es hatte sich offenbar eingebürgert, dass alle ihre Boote zogen, statt sie zu tragen. Für einen einzelnen Einerfahrer mag das ja angehen, aber wir sahen auch Zweiermannschaften, die so verfuhren. Und im Gegensatz zu unseren Einern hatten die Zweier hinten eine scharfe Kante, mit der die Leute tiefe Furchen in den lehmigen Boden gegraben hatten.

Obwohl so eine Umtragestelle als Faustregel immer mindestens eine Viertelstunde Zeit kostet, kamen wir gut durch, und am Zielpunkt standen die Abholer vom Verleih auch schon bereit. Da es gerade mal vier Uhr war, als wir wieder umgezogen neben den Motorrädern standen, hatte ich uns kurzerhand noch eine kleine Tour ins Navi gehackt, denn wir sind ja auch dafür hier hergekommen. Und auch getankt werden sollte noch, da ja bekanntlich die Tankstellen zum Abend hin die günstigsten Preise haben und somit die Alternative gewesen wäre, das morgen teuer und im Regen tun zu müssen. Ja, es kann sein, dass dies der letzte richtig schöne Tag dieser Runde war, auf der Karte der Wetter-App prangte für morgen ein Symbol mit drei Regentropfen. Aber sicher ist, dass dies die letzte vorgebuchte Aktion dieser Tour war. Für den Rest der Woche waren wir frei, unser Fähnchen nach dem Wind zu hängen und unsere Ziele nach dem Wetter auszusuchen mit einer Einschränkung: Wir konnten nicht ins Ausland, mein Personalausweis war abgelaufen und ich hatte vergessen, den Reisepass mitzunehmen.

Tagesstrecke 14 km mit dem Kajak, 101 km mit dem Motorrad, km 128625

Donnerstag, 08.09.2022

In der Nacht hatte es ordentlich geregnet, zum Frühstück troff zwar alles, aber es flog kein Wasser mehr durch die Luft. Die Bedienung sagte "des trocknet jetzt ab", aber auf dem Wetterradar sah man schon die nächste Regenfront anrücken. Also wanderten die luftdurchlässigen Handschuhe und der Tankrucksack mit der Kamera in den Koffer und nahm den Platz der Regenkleidung ein. Ulrike nahm ein paar Wegpunkte, die lediglich der Erbauung dienen sollten, aus dem Navi, damit wir zügiger hinter den Regen kommen konnten. Und sehr bald wurde ich daran erinnert, dass ich seit Tagen diese Lüftungsklappe am Helm zwischen Stirn und Scheitel noch offengelassen hatte.

Aber einmal wasserfest eingepackt, war alles nicht mehr so ganz schlimm, und jeder Regen hört irgendwann wieder auf, in unserem Fall nach anderthalb Stunden. Dafür bekamen wir es heute mit einer neuen Sorte Straßensperrung zu tun: Ohne jegliche Vorwarnung stand an einer Kreuzung eine Sperre aus weißen Plastikelementen quer über die Fahrbahn, zusammen mit dem Schild "Durchfahrt verboten". Unmittelbar dahinter lief der Querverkehr auf der Hauptstraße in beide Richtungen, lediglich gegenüber auf der anderen Seite waren sie am Bauen und hatten da den Asphalt aufgerissen. Was soll das bitte?? Mit den Motorrädern konnten wir rechts von den Plastikelementen auf dem Gras daran vorbeifahren und taten dies auch. 400 Meter weiter wollten wir von der Hauptstraße wieder nach links abbiegen, dasselbe Spiel noch einmal.

Die AltmühlquelleFür heute hatte Ulrike das Thema "Altmühl" vorgegeben, wir begannen natürlich an der Quelle. Diese befand sich offenbar auf den Grundstück eines Bauern, war aber öffentlich ausgeschildert. Man musste jedoch gegenüber im Wald parken und durfte 150 Meter weit auf einem Privatweg dort hingehen. Immerhin in Stein eingefasst, machten die ersten Flussmeter naturgemäß keinen grandiosen Eindruck.

Hier kann man schon von einem Fluss sprechenDie weitere Tour folgte dem Flusslauf, so gut es ging. Immer wieder sagten wir ihm "Hallo" und guckten ihm beim Wachsen zu. Natürlich habe ich nicht überall angehalten und ein Foto gemacht, nur die ersten paar Male. Kurz vor Beginn des Altmühlsees sind wir am Ufer eingekehrt und haben ein Kaltgetränk zu uns genommen, den See selbst haben wir nur von Ferne gesehen.

Markante Felsen säumen das untere AltmühltalAb Gunzenhausen bin ich die Strecke vor langer Zeit zusammen mit Studienkumpel Björn mit dem Faltboot gefahren. Ich erinnere mich an ein paar schöne Tage auf quasi stromlosem Wasser inmitten eines engen Tales mit braunem Laub (es war ein Monat später im Jahr als jetzt), durchsetzt von einigen Felssäulen. Das alles guckten wir uns jetzt von der Straße aus an, zumindest soweit immer mal wieder vorkommende Bauarbeiten dies zuließen.

An der Mündung in die Donau bei Kelheim waren wir weit genug gefahren für heute und nahmen uns ein Zimmer im Gasthof der Privatbrauerei Frischeisen. Das hatte den Vorteil, zum Abendessen etliche verschiedene garantiert regionale Biersorten kosten zu können, jedoch den Nachteil, so schlechtes WLAN zu haben, dass ich an jenem Abend nicht einmal irgendwelchen Text, geschweige denn Bilder hochladen konnte.

Tagesstrecke 369 km, km 128994

Freitag, 09.09.2022

Der Himmel verspricht keine guten Fotos heuteFahrscheinUnsere Faltbootfahrt hatten Björn und ich damals abgebrochen an der Stelle, wo die Rhein-Main-Donau-Wasserstraße den Fluss zum Kanal machte, wir hatten dann den Bus nach Ingolstadt genommen und dort in die Donau eingesetzt, um uns auch den Gebirgsdurchbruch zwischen Weltenburg und Kelheim vom Wasser aus anzugucken. Das wäre beinahe schiefgegangen, denn an jenem Morgen war dicker Nebel. Wir hatten uns also nach Weltenburg fast nur treiben lassen in der Hoffnung, dass es rechtzeitig aufklaren würde, und das hatte gereicht, die Landschaft erfassen und genießen zu können, aber meine Fotos von damals waren nicht besonders gut geworden bei dem Dunst. Heute nun wollten wir dort mit dem Fahrgastschiff durch, aber mit schönen Bildern sollte es wieder nicht viel werden, denn heute regnete es. Aber das Schiff bot für 13,50 € pro Person ein paar überdachte Draußenplätze, und während der Fahrt hörte der Regen auf.

Die Felswände stehen oft direkt am WasserDas Wetter hatte immerhin den Vorteil, dass es auf dem Schiff nicht allzu voll war. Für die Rückfahrt kam in Weltenburg eine große Gruppe britischer Fahrradfahrer an Bord, die allesamt ihre Räder mitnahmen. Das ist nämlich die einzige Möglichkeit, auf einer Radtour den Fluss in seiner vollen Länge zu erleben, der Wanderweg endet an der engsten Stelle, dort ragen an beiden Ufern senkrechte Felsen empor.

Die Sonne schien wieder, als wir uns mit den Motorrädern auf den weiteren Weg machten. Diesen hatte Ulrike so gelegt, dass wir möglichst oft unseren Fluss, der ja inzwischen die Donau geworden war, treffen konnten. Wirklich sehen konnten wir ihn seltener, denn oft fuhren wir an Deichen entlang, über die wir nicht hinweggucken konnten.

Die Stadt Passau bot noch einmal einen schönen Anblick von der Norduferstraße aus. Hier lagen auch etliche Hotelschiffe, vermutlich konnte man ab hier lange Flusskreuzfahrten auf der Donau machen. Dort, wo wir heute Vormittag mit dem anderen Dampfer herumgeschippert worden waren, wären diese langen Schiffe jedenfalls kläglich steckengeblieben.

Von hier wandten wir uns jetzt wieder gen Norden. Gar nicht weit von hier hatten wir bei der letzten Pause telefonisch ein Zimmer bestellt in Büchlberg, wo wir früher schon einmal waren. Aber wie das manchmal so ist - das Haus stand noch, aber es ist ein anderes geworden. Früher Tourenfahrer-Partnerhotel mit haufenweise anderen Motorradfahrern als Gäste und einem Wirt, der selber fuhr und Streckenvorschläge machen konnte, hatte inzwischen wohl der Besitzer gewechselt und vermietete jetzt anscheinend viel an Monteure. Und zum Abendessen mussten wir nach nebenan zum Griechen gehen. Dort war zwar das Essen gut, aber der Service nicht ganz so, somit ist also auch für diesen Ort das Prädikat "da waren wir schon mal, und es hat uns gut gefallen" jetzt entschwunden.

Tagesstrecke 200 km, km 129194

Sonnabend, 10.09.2022

Da wir uns hatten verleiten lassen, viel zu lange viel zu weit südlich zu verweilen, mussten wir jetzt an den letzten beiden Tagen ordentlich Strecke machen, deshalb wurde heute früh aufgestanden. Beim Frühstücksbuffet gab es eine wilde Sammlung Kartons mit "Tee"-Beuteln, drei verschiedene Pfefferminz dabei, aber kein normaler schwarzer. Aber die Sonne schien, das war doch auch schon mal was. Jedoch sollte auch das heute noch anders werden.

Beim Aufpacken kamen wir mit dem Besitzer ins Gespräch, und der war ein echter Knaller. Mit der Statur eines Gewichthebers und ganz kurz geschorenen Haaren, erzählte er uns, neben dem Hotelbetrieb auch noch auf Baustellen zu arbeiten und sonst auch noch "einige Geschäfte am Laufen" zu haben. Er müsse jeden Monat fünfundzwanzigtausend an die Bank zurückzahlen, dann wäre er in vier Jahren damit durch. Und mit den anderen Hoteliers im Ort hatte er sich auch verzwistet. Und sein Hobby, mehrere Audis mit Turboladern, habe gerade dazu geführt, dass er drei Monate lang seinen Führerschein abgeben müsse. Nebenbei kurz auf den fehlenden Schwarztee angesprochen, meinte er, er kaufe nur das, was er selbst auch trinke, und "man kann es nicht allen Recht machen." Okay, nicht erst jetzt war klar: Der Mann war vieles, aber kein Gastwirt, und er wird es auch nie werden. Da brauchte es gar nicht noch mehr Anzeichen wie das gesprungene Trinkglas auf dem Buffet oder meine schwarze Motorradhose, die ich gestern in ein Schrankfach über Kopfhöhe geworfen und heute mit viel Staub daran wieder herausgezogen hatte. Auch wenn ich nicht vorhabe, hier in ein paar Jahren mal wieder vorbeizukommen, würde es mich wundern, diesen Menschen dann noch hier anzutreffen.

Die Türme des Naumburger DomsDen Bayerischen Wald haben wir mal wieder sehr genossen. An einer Stelle ist mir aufgefallen, dass neben dem immer noch nicht geernteten Mais hier neuer Raps wuchs, der kurz vor seiner vollen Blüte stand, das muss die zweite Aussaat gewesen sein dieses Jahr. Auf einer Weide stand eine lustige Herde Dalmatinerpferde, sechs weiße Tiere mit bis zu tennisballgroßen schwarzen Flecken. Und 17 Kilometer vor der Stadt Regen begegneten wir dem Naturereignis gleichen Namens. Das war leider auch sehr verbreitet heute, geschätzt 70 % der heutigen Strecke waren nicht trocken, teilweise schüttete es ganz ordentlich. Aber wir kamen einigermaßen gut voran, es war offenbar nicht viel los heute bei dem Wetter.

Zum Abend hin hatten wir wieder längere trockene Abschnitte, teilweise sogar wieder mit Sonnenschein. Allerdings fielen, nachdem wir in Naumburg an der Saale im Caféhaus Kattler eingechecked hatten und durch die Stadt spazierten, noch einmal einige Tropfen. Und für eine Dombesichtigung waren wir zu spät, anscheinend wurde um 18:00 Uhr das Tor geschlossen.

Tagesstrecke 439 km, km 129633

Sonntag, 11.09.2022

Stolberg im HarzLaut Wetterbericht sollte es heute die meiste Zeit bedeckt, aber trocken sein, und der erste Eindruck bestätigte dies. Einen Abstecher durch den Harz wollten wir trotz allem noch machen. Auf dem Weg dorthin kamen uns immer wieder Gruppen von kleinen DDR-Zweirädern (Simson, MZ etc.) entgegen, oft angeführt von einer Beiwagenmaschine. Im Harz selbst mussten wir (mal wieder wegen einer Straßensperrung) den Weg über Stolberg nehmen. Das war letztlich gar nicht schlecht, denn ich empfinde Stolberg als die schönste Stadt weit und breit, und außerdem schien sogar mal kurz die Sonne.

In der Lüneburger HeideSpäter dann hüllte eine niedrige Wolke genau dort, wo alle Bäume tot sind, die Gegend gnädig in weiße Watte, und ein Lieferwagen sorgte freundlicherweise dafür, dass wir in der Suppe nicht zu schnell fuhren. Daraufhin hatten wir bei Seesen die Nase voll und gingen auf die Autobahn. Das funktionierte gut, bis wir an Hannover vorbei waren und ein alter Bekannter, der Stau von Soltau, uns schon bei Fallingbostel empfahl, vielleicht doch wieder über Land zu fahren, schließlich schien ja auch die Sonne wieder. Prima, und die Heideblüte war auch noch nicht ganz vorbei, da hatten wir zum Abschluss noch ein paar schöne Momente.

Tagesstrecke 451 km, km 130084
Gesamtstrecke 2734 km


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