Mittelgebirgsfahrt 2021

Eine Woche im September hatten wir noch Urlaub, und die wollten wir noch einmal für eine Tour durch schöne Gegenden In Deutschland - wir nennen das immer "Mittelgebirgsfahrten" - nutzen.

Der grobe Plan war, diesmal den Westen der Republik, den wir im Sommer ja wetterbedingt ausgelassen hatten, zu besuchen. Also von Hamburg aus ins Sauerland, weiter nach Süden bis zum Schwarzwald, vielleicht auch noch mal weiter runter in die Schweiz, mal gucken.

Eine ganze Weile lang sah es so aus, als sollte es am Startwochenende auch wieder viel Regen geben. Dann wären wir wohl erst am Montag losgefahren. Aber am Freitag wandelte sich die Vorhersage zum Besseren, und so haben wir gleich noch für Sonnabend unsere erste Unterkunft vorgebucht.

Sa, 11.09.2021

Um 19:00 Uhr sollte es bei unserem Ziel das Abendessen geben. Ulrikes Tourplanung ergab 360 km und Abfahrt in Hamburg spätestens um 11:00 Uhr. Bis Rinteln wollten wir Autobahn fahren und danach über Landstraßen weiter. Dass wir schon kurz nach 10 loskamen, schien uns nicht weiter schlimm, denn in letzter Zeit gab es eigentlich immer Probleme auf den Elbbrücken, was dann schon etwas zusätzliche Zeit kosten konnte. Doch wundersamerweise kamen wir hier gut durch. Worauf man sich aber offenbar immer verlassen kann, ist der Stau bei Soltau. Hier mussten wir jedoch sowieso tanken, da mein Tank schon bei der Abfahrt weniger als halb voll war, da sind wir dann gar nicht wieder auf die Autobahn zurück.

Und die Lüneburger Heide ist ja auch schön. Natürlich darf man sich nicht täuschen lassen: Die Lüneburger Heide besteht überwiegend aus Wald und landwirtschaftlichen Flächen. Aber es ist auch nicht so, dann man die Heide lange suchen muss. Wenn man etwas umherfährt, dann bekommt man sie schon zu sehen, und so ging es uns heute auch. Ein Teil der Heide wird allerdings auch zu Militärübungen genutzt, und deswegen mussten wir an einer Stelle umkehren und ein Stück wieder zurückfahren. Ursache für diesen Irrweg war möglicherweise, dass Ulrike eine Abbiegung verpasst hat. Dafür wiederum wäre die Ursache bekannt: Seit dem gestrigen Softwareupdate des Navis funktioniert ihr Headset nämlich nicht mehr, und damit bekommt sie keine akustischen Vorwarnungen mehr. Meines (von einem anderen Hersteller) war davon offenbar nicht betroffen, so habe ich dann das Navi und die Führung übernommen.

In Celle fuhren wir natürlich nicht mitten durch die Altstadt, trotzdem kamen wir an sehr vielen alten Fachwerkhäusern vorbei. Falls also meine Russischlehrerin Elena dies liest: Ja, Celle lohnt unbedingt einen Ausflug.

Gegen Abend wurde es hinter Hameln richtig schön Irgendwann standen wir an einer Auffahrt auf die Autobahn A2, und mir kam die Idee, darauf an Hannover vorbei bis nach Rinteln zu fahren und so unseren ursprünglichen Plan wieder aufzunehmen. Ja, jetzt ist es mir auch klar, es war eine total bescheuerte Idee, Asche auf mein Haupt Sie kostete uns viele Nerven und mindestens eine Dreiviertelstunde Zeit. Ab Höhe des Flughafens ging gar nichts mehr, und wir sind 6 km illegal auf dem Standstreifen gefahren, dann runter und mussten durch das Stadtgebiet ausweichen. Immerhin ließ es sich auf dem Westschnellweg noch einigermaßen vorwärtskommen. Und bald kamen wir dann auch in das Weserbergland. Mal wieder bewahrheitet sich die alte Weisheit: "Urlaub ist spätestens dann, wenn man an Hannover vorbei ist", diesmal muss man allerdings das Wort "spätestens" durch das Wort "erst" ersetzen.

In Hameln an der Weser haben wir dann die erste richtige Pause machen können. Weiter ging es allerdings überwiegend auf großen Bundesstraßen, denn so langsam wurde die Zeit knapp. Und irgendwo unterwegs war dann auch noch mal eine Ortsdurchfahrt gesperrt, und wir mussten ein paar Dörfer Umwege fahren. Aber zum Ausgleich kam nachher sogar die Sonne heraus, und wir schafften es auch noch rechtzeitig zum Bayerischen Büffet nach Liesen (nicht weit von Winterberg). Dort haben wir uns für zwei Nächte im Landhaus Kappen eingemietet.

Tagesstrecke 415 km, km 119913 (los bei km 119498)

So, 12.09.2021

Das Wetter sah beim Aufstehen durchaus brauchbar aus, es war trocken, und stellenweise konnte man sogar den Himmel sehen. Also ließen wir uns beim Frühstück vom Wirt den Flyer mit der Tour des Hauses geben, die uns nach seinen Worten "das ganze Hochsauerland" zeigen sollte.

Los ging es zunächst nach Norden, was uns die ersten Kilometer wieder da zurückführte, wo wir gestern gekommen waren. Bald ging es aber auf anderen schönen Strecken weiter.

Plötzlich lag da ein Flugzeugwrack auf der Wiese Das Curioseum Irgendwann lag plötzlich rechter Hand ein Flugzeugwrack auf der Wiese. Daneben befand sich das sogenannte Curioseum, anscheinend eine Art Fahrzeugmuseum. Davon hatte ich schon einen Flyer in unserem Hotel gesehen, allein die darin genannten Attribute "schrill, schräg, selten" sprachen mich nur teilweise an. Drinnen gewesen sind wir somit nicht, aber extra für eine flugbegeisterte Bekannte habe ich angehalten und ein paar Fotos gemacht.

Weiter ging es im Zickzack durch das Land: Hoch bis fast Brilon, wieder runter nach Winterberg, wieder hoch bis fast Meschede, in westlichem Bogen nach Schmallenberg. Die ganze Zeit durch wirklich ansprechende Landschaft, allerdings gibt es im Sauerland meinem Eindruck nach weniger Wald als in der Lüneburger Heide. Das wurde jedoch durch ein deutlich höheres Aufkommen von kleinen kurvigen Schlängelstraßen mehr als ausgeglichen.

Pause mit Aussicht Den Abzweig zum Kahlen Asten beispielsweise hatte ich zu spät als solchen erkannt und bin zunächst daran vorbeigefahren. Wenige hundert Meter weiter links ab führte es uns nicht den Berg hoch, wie ich gehofft hatte, sondern runter ins Tal. Auf der Suche nach einer Stelle zum Wenden fand ich die aktuelle Route so schön, dass ich beschlossen habe, erstmal bis runter in den Ort weiterzufahren. Das fanden wir deutlich lohnender als danach dann den Gipfel, dort hätten wir nämlich auch für die Motorräder Parkgebühren zahlen müssen, die uns bei Kaffee und Cola bestimmt nicht angerechnet worden wären, das sahen wir dann nicht ein und haben uns nicht weiter aufgehalten da oben.

Und kurz hinter Schmallenberg stellte sich heraus, dass unser Tourflyer wohl überarbeitet werden muss, denn die Tour darin ging über einen Abschnitt, der für Motorräder an Wochenenden gesperrt war. Ich fand es ziemlich enttäuschend, dass das unserem Wirt entweder nicht bekannt oder aber nicht bewusst war. Vor zwei Jahren sind wir hier in der Gegend schon einmal auf eine solche Straße geraten, und um genau das zu vermeiden, hatte ich diesmal mich für den offiziellen Tourvorschlag entschieden.

Heute fand in unserem Hotel eine abendliche Familienfeier statt, weshalb die Restaurantküche für uns geschlossen war. Darum haben wir uns die Pizzeria Lo Stivale in Hallenberg empfehlen lassen, sind da eben schnell noch hingefahren und haben gut und günstig gegessen. Und da wir schon bei der Buchung von dem geschlossenen Restaurant heute in Kenntnis gesetzt wurden, hatten wir auch noch eine Flasche Côtes du Rhône mitgebracht, der zurück im Hotelzimmer dann noch entkorkt wurde.

Tagesstrecke 261 + 6 km, km 120180

Mo, 13.09.2021

Beim Frühstück sprach ich beim Wirt den gestern gesperrten Streckenabschnitt an, und er sagte, dann wären wir die Tour wohl verkehrt herum gefahren, das sei nur in einer Richtung gesperrt. Da hätten sich immer die Rennfahrer Duelle geliefert rauf und wieder runter und dabei immer die Kurven geschnitten, da habe man dann eine Richtung zugemacht. Nun sind solche Streckensperrungen in meinen Augen sowieso schon Ausdruck der Kapitulation davor, dass es nicht leicht ist, die Dinge durch Kontrollen in den Griff zu bekommen. Hier kommt mir jetzt zusätzlich noch der Gedanke, dass man den Rasern anscheinend noch extra den Weg freigemacht hat. Das stimmt natürlich so auch nicht ganz, Autos dürfen dort immer noch in beiden Richtungen fahren. Nun kann man sarkastischer Weise sagen, deren Insassen sind wenigstens durch ihr Blech geschützt, bei den Kollisionen sterben dann nur noch die rasenden Motorradfahrer, ich fürchte allerdings, dass wir das Problem auch durch solche natürliche Auslese nicht irgendwann los sein werden.

Etwas dunstig war das Sauerland Aber der Tag war viel zu schön, um ihn sich durch solche Gedanken vermiesen zu lassen. Ulrike wollte es noch einmal mit Navi und Headset probieren und hat uns für den Vormittag noch einen Bogen durch das Sauerland geplant, bevor es dann nach Süden in den Taunus weitergehen sollte. Da ließ sich zwar nicht ganz vermeiden, hier und da schon bekannte Stellen von gestern noch einmal zu sehen, aber es war auch viel neues dabei. Und Spaß machte das Fahren auf den kleinen Straßen hier allemal. Auch der Dunst, der sich in der Ferne nur sehr zögerlich hob, störte allenfalls den Fotografen in mir, jedoch nicht den Motorradfahrer.

Nach Verlassen des Sauerlandes gab es nur einen recht kurzen Abschnitt mit mäßig schönem Landschaftsbild, wir haben den dann folgenden Westerwald genauso genossen wie die Gegend vorher. Allerdings war unser Eindruck, dass vom Westerwald nur noch relativ wenig Wald übriggeblieben ist.

Begegnung mit König Konrad In Runkel wollten wir eigentlich die Lahn überqueren, aber die alte Brücke war gesperrt. Die Umleitung brachte uns ein ganzes Stück weit die Lahn hinunter bis nach Dehn, das mussten wir auf der anderen Seite dann wieder zurückfahren. Zwischen Runkel und Villmar hielt Ulrike an einem Parkplatz im Wald, um Pause zu machen und die Route zu wechseln. Hier gab es das König-Konrad-Denkmal, dass man an dieser Stelle Ende des vorletzten Jahrhunderts für einen König des achten Jahrhunderts errichtet hat, der nur ganze sieben Jahre regiert hat, und von dem zumindest ich noch nie gehört hatte. In der Nähe ein paar Sitzbänke im Geviert mit Corona-konformen Abständen untereinander und einer Tafel mit einem Gedicht, das bezüglich Grammatik und Versmaß so schlecht war, dass ich mich wunderte, dass man überhaupt den Mut gehabt hatte, es dort aufzuhängen.

Fachwerkkirche Ein Stück weiter verpasste Ulrike dann doch mal wegen fehlender Ansage (das Headset wollte auch heute nicht funktionieren) eine Abbiegung. An der Bushaltestelle, an der wir wenden wollten, stand eine alte und schöne Fachwerkkirche, von der ich über die Hecke hinweg schnell ein Foto gemacht habe. Mit einer Frau, die gerade vorbeikam, kamen wir kurz ins Gespräch, sie konnte uns aber auch nichts genaueres über das Bauwerk erzählen.

Zur nächsten Übernachtung hatte Ulrike uns ein Hotel im Ort Schmitten ausgesucht, aber glücklicherweise noch nicht gebucht. Denn zwei Kilometer vor dem Ort wurden wir wieder einmal auf eine Umleitung geschickt. Das ging ein paar Dörfer weiter, dann heraus aus der schönen Landschaft auf Schnellstraßen in urbane Gegenden, wo wir einen Eindruck vom Frankfurter Feierabendverkehr bekamen. Und als die Umleitung zu Ende war, war der Wegweiser nach Schmitten durchgestrichen. An der nächsten Ampel waren wir uns schnell einig, dass Schmitten wohl jetzt endgültig gestrichen und es Zeit für einen Plan B war. Und nur einen Kilometer weiter stand da das Parkhotel Oberursel, wo wir ein nicht zu teures Zimmer bekommen konnten.

Tagesstrecke 347 km, km 120527

Di, 14.09.2021

Heute früh war mal wieder ein Eintrag in die Hall of Fame der schlecht geplanten Badezimmer fällig. Die Duschkabine hatte eine feste Tür, die nach innen aufging und dabei nicht genug Raum bis zur Duscharmatur an der Wand freiließ, als dass wir berührungsfrei daran vorbeigepasst hätten. Jemand mit wesentlich höherem BMI dürfte wohl auf die Dusche verzichten müssen.

Hier in der Gegend hatten sie ihre Umleitungen offenbar echt nicht im Griff. Schon nach ein paar Kilometern war die nächste Straße gesperrt (mitten im Wald, ich bin erstmal noch hineingefahren, weil die Waldstrecke so schön war), und wir kamen doch wieder in die Nähe von Schmitten. Daher kann ich bestätigen, dass wir von den Umleitungen in beinahe einem Dreiviertelkreis darum herumgeführt werden sollten. Und noch ein Stück später führte eine andere Umleitung in die Straße hinein, aus der ich herauskommen wollte, wenn da im Wald nicht gesperrt gewesen wäre.

Das Schloss Jakobsberg Heute erschienen uns die Straßen relativ voll, gar nicht mal voller LKW, sondern es scheinen allgemein recht viele Leute unterwegs zu sein. Aber die Gegend hat uns wieder sehr gut gefallen. Nicht mehr weit vom Rhein entfernt kamen wir auf eine sehr schöne Strecke durch den Wald, deren Kehren am Anfang so eng waren, dass sie hier eine Baustellenampel aufgestellt hatten für einspurige Verkehrsführung. Am Ende ging es heraus aus dem Wald und auf eine Höhe, wo rechter Hand eine sehr bequem aussehende Bank mit Aussicht stand, perfekt für eine Pause. Während ich Fotos machte von Ulrike auf der Bank, hielt ein Ducatifahrer zum Rauchen an, und er bot an, auch Fotos von uns beiden zu machen. Als der wieder weg war, kam ein Paar auf einer BMW, und wir machten die Bank frei für sie. Aber sie wollten sich gar nicht lange aufhalten. Ins Gespräch kamen wir trotzdem. Sie kamen ursprünglich aus Dithmarschen, wohnten jetzt aber hier in der Gegend. Am Ende nahmen sie uns mit zum Schloss Jakobsberg, wo sie einen Tisch bestellt hatten. Groß etwas essen wollten wir zwar nicht, aber wir genossen die Aussicht von hier oben hinunter auf den Rhein. Das Café war allerdings drinnen voll und draußen wurde nicht bedient, so sind wir bald hinuntergefahren, um auf die andere Seite überzusetzen.

Mit der Fähre über den Rhein Fährticket In Rüdesheim gab es mal wieder eine Straßensperrung, und mein Versuch, diese nicht zu weiträumig zu umfahren, führte in die Gegenrichtung, also bin ich einfach weitergefahren. Da hatten wir ein Stück weit freien Blick auf den Rhein, und die Fähre haben wir dann eben nicht hinter Rüdesheim nach Bingen, sondern von Oestrich-Winkel nach Ingelsheim genommen (ein Motorrad kostete 3,30 €). Auf der anderen Rheinseite war deutlich weniger Verkehr, und erstmals auf dieser Tour sahen wir hier auch einige Berghänge mit größeren Felswänden.

In Kirn wurde es dann langsam Zeit für die Suche nach einer Unterkunft. Aber wir hatten hier heute wenig Glück. Das Hotel Alte Kellerei war eine einzige Baustelle und geschlossen, zum Parkhotel fuhren wir ein paar kleine Serpentinen in einem Park (der Name stimmte also schon mal) hinauf, um auf einem verwaisten Platz anzukommen, wo offensichtlich schon seit Monaten niemand mehr gewesen war. Und mehr Möglichkeiten wurden uns weder von den allseits bekannten Buchungsportalen noch von unserem Navi angezeigt.

Westlich des Rheins war es zunächst sehr einsam So haben wir dann beschlossen, auf direktem Wege (eigentlich waren bis dahin noch zwei Schwünge geplant wie das M von McDonalds) nach Idar-Oberstein zu fahren in der Hoffnung auf deutlich mehr Übernachtungsmöglichkeiten in dieser Stadt. Aber auch hier mussten wir eine Weile lang suchen. Das hiesige Parkhotel war voll, und das Opal Hotel sah schon von außen nicht sehr toll aus, ein gelbes Hochhaus, und das Buchungsportal sagte nichts von Restaurant oder auch nur Frühstück. Ulrike ging hinein und kam wieder mit folgendem Bericht: Es sei eine Unterkunft für Monteure, und während sie noch mit dem Mann hinter dem Tresen verhandelt hatte, hatte der sich plötzlich einen gerade vorbeilaufenden Menschen geschnappt und ihm Vorhaltungen gemacht, seine Leute hätten letzte Nacht wild remmidemmi gemacht, drinnen geraucht und die Rauchmelder abgebaut. Eine andere Reaktion als der Griff zum Helm und die Worte "Wir suchen noch mal weiter" fiel mir darauf nicht ein. Im Hotel Edelstein wurden wir aber schließlich fündig.

Ein Restaurant gab es hier allerdings auch nicht. Darum gingen wir zu Fuß die Fußgängerzone hinunter, welche nur eben um die Ecke lag. Aber diese Fußgängerzone wirkte auch sehr tot. Es war niemand unterwegs, nur auf dem Platz vor einer Kirche saß eine Gruppe junger Frauen mit Kopftüchern. Alle Geschäfte waren geschlossen, offen waren lediglich zwei Eisdielen und ein Asiate, bei dem gerade die Tische und Stühle hereingeholt wurden. Am Ende gab es dann doch noch einen Platz mit dem Restaurant Spießbratenhaus, wo man sogar draußen sitzen konnte. Uns stand zwar nicht der Sinn nach Spießbraten, aber wir wurden trotzdem satt, und der Gang zurück zum Hotel löste dann auch das Völlegefühl gleich wieder etwas auf.

Tagesstrecke 284 km, km 120811

Mi, 15.09.2021

Draußen war heute alles nass, was zugegebener Weise auch so angesagt war. Immerhin konnten wir in einem Moment aufpacken und losfahren, wo nur ganz wenig Wasser vom Himmel fiel. Aber wir zogen die Regensachen gleich an, und ich packte die Kamera gleich geschützt weg, so dass ich nicht noch ein Foto von der Felsenkirche machen konnte. Die meiste Zeit der heute auch nur kurzen Fahrt blieb der Regen erträglich, nur einmal fing es an, richtig zu schütten. Aber die Firma KOB in Wolfstein war so freundlich gewesen, einen öffentlich zugänglichen Parkplatz unter ihr Kantinengebäude zu bauen, wo wir uns für einen Moment unterstellen konnten. So sind wir auf schnellstem Wege in die Nähe von Karlsruhe gefahren, um unsere alten Forumsbekannten Andy und Meikel zu besuchen. Die beiden sind vor einer Weile von Delmenhorst hierhergezogen, unglücklicherweise genau dann, als unsere Karlsruher Verwandtschaft zurück nach Hamburg gekommen war, sonst hätte man sich sicher schon mal früher hier getroffen.

So haben wir also zum Mittag unsere Motorräder ins Trockene stellen und den Rest des Tages mit entspanntem Klönschnacken verbringen können. Und es gab da außerdem noch einen niedlichen kleinen graugetigerten Kater, genannt "Boris, das Biest", der seinem Namen wenig Ehre gemacht und mir mit seinen Krallen nur ein ganz kleines Loch in die Hand gehackt hat.

Tagesstrecke 162 km, km 120973

Do, 16.09.2021

Auch in der Nacht trommelte zeitweise noch Regen auf das Dachfenster über unseren Köpfen. Eigentlich hatten wir gedacht, heute unsere ursprünglich geplante Route, nämlich die Badische Weinstraße, hier wieder aufzunehmen. Jedoch die Wetterapp sagte, im Norden wird es trockener als im Süden. Also blieb zwar die Themenstraße gleich, aber die Richtung änderte sich. Und naturgemäß zog sich auch der Aufbruch noch hin, bei der Abfahrt deckten unsere Gastgeber gerade den Mittagstisch für die am Hausgiebel arbeitenden Handwerker.

Obstgarten mit altem Gemäuer an der Badischen Weinstraße Zu Anfang der Fahrt tröpfelte es noch etwas, und die Badische Weinstraße ist in dieser Gegend landschaftlich auch nicht der ganz große Bringer. Aber die Fahrt durch Heidelberg gefiel uns gut. Man sieht am Rande des Zentrums schon sehr viele schöne Häuser. Dass die Stadt schön sein soll, war mir bekannt, und die heutige Durchfahrt schien den Ruf zu bestätigen, und es wuchs der Entschluss, sich diese Stadt bei Gelegenheit mal genau anzugucken. Auch weiter am Neckar entlang ist es sehr schön, vielleicht kann man hier in einem kommenden Jahr mal eine Kajakfahrt mit einer Stadtbesichtigung kombinieren, da muss ich wohl diesen Winter mal einschlägige Literatur (DKV-Flussführer etc.) zu Rate ziehen.

Im Spessart Bei einer Pause an einer Bushaltestelle in irgendeinem Ort fiel unser Blick auf Werbung für Autowäsche, bei der sich uns Ingenieuren spontan alle 20 Fußnägel hochrollten. Es wurde dort die Formel schlechthin für Autowäsche propagiert, und die Formel lautete: "Wurzel aus Textil zum Quadrat mal Profi zum Quadrat ist gleich Perfekte Optik geteilt durch Service zum Quadrat"! Also erstens ist Wurzel aus irgendwas zum Quadrat gleich irgendwas, das konnte man sich also sparen. Zweitens stand die Zielgröße rechts nicht alleine, und wenn man drittens die Formel danach umstellt und die Zielgröße maximieren will, dann braucht es für bessere Optik mehr Textil? Uns schien es dringend geboten, den Wert für Profi zu erhöhen, da dieser offensichtlich sehr nahe bei null lag...

Der Odenwald hat uns wieder richtig gut gefallen, wir kamen durch ziemlich verkehrsarme Gegenden mit viel Wald. Gleiches gilt für den Spessart, der daran angrenzt. Darum haben wir uns im Gasthof Buchenmühle (mitten im Wald gelegen, wieder mal ein Haus, das wir ohne Buchungsportal wohl nicht gefunden hätten) für zwei Nächte eingemietet und wollten morgen noch eine Runde durch diese schöne Gegend drehen.

Tagesstrecke 243 km, km 121216

Fr, 17.09.2021

Anwesen in äußerst beschaulicher Lage Es war nett, zur Abwechslung wieder mal losdüsen zu können, ohne vorher den ganzen Kram zusammengepackt haben zu müssen, und etwas leichter fährt sich das so ja auch. Zuerst ein Stück am Main entlang und dann abgebogen in die Landschaft. Es war zuerst noch ziemlich dunstig, und an ein paar Stellen konnte man Dunstschwaden sich direkt aus dem frisch gepflügtem Acker erheben sehen. Auch fiel mir heute zum ersten Mal auf, dass jetzt einige Bäume anfingen, gelb zu werden, das Ende des Sommers kündigte sich an. Aber abgesehen davon erlebten wir eine prima Runde durch ansprechende Gegenden mit vielen Waldabschnitten, genau nach unserem Geschmack.

Die Wallfahrtskirche Mariabuchen Wir kamen auch noch früh genug wieder zurück, um danach noch zu Fuß zu der Wallfahrtskirche steigen zu können, die ein Stück oberhalb unseres Gasthauses am Berghang thront. Es heißt, hier sei ein in eine Buche eingewachsenes Marienbildnis "auf wundersame Weise wiederentdeckt" worden (ich vermute, sie haben ganz profan den Baum gefällt und aufgeschnitten, um daraus Bretter zu gewinnen), und seither seien die Gebete der Leute erhört worden.

Nachdem ich gestern zu Abend lecker Tafelspitz gegessen hatte, bin ich wie ein Stein ins Bett geplumpst, deshalb gab es heute "nur" einen (großen) Salatteller mit Hähnchenfleisch, auch sehr delikat. Diese Unterkunft hier kann ich auch guten Gewissens empfehlen, und sie scheint auch in manchen Motorradfahrerkreisen bekannt zu sein, denn während des Abendessens kam noch eine ganze Gruppe davon an.

Tagesstrecke 273 km, km 121489

Sa, 18.09.2021

Morgennebel im Sinntal Heute Morgen war es noch etwas frischer als die Tage vorher. Vor dem Frühstück wurden wie üblich die Sitzbänke der Motorräder abgewischt (hier bekamen wir eigens Handtücher dazu), und die Oberflächen troffen vor Nässe. Und bei der Abfahrt war es noch reichlich diesig. Später dann hob sich der Dunst, in einigen Tälern blieben aber noch eine Weile lang sehr pittoreske Wolkenschichten tief unten stehen. Und noch etwas öfter als gestern zeigte sich der beginnende Herbst.

Meine Planung von gestern bestand eigentlich darin, die Strecke nach Hause an den großen Städten (Kassel, Hannover) vorbeizuführen, das ergab dann ca. 550 km, und das sollte dann in zwei Tagen recht gemütlich abgefahren werden, die Tagesetappen hätten dann etwa unseren bisherigen Strecken auf dieser Tour entsprochen. Jedoch hatte ich für den Anfang schöne kleine Straßen gewählt ohne viel Verkehr, wo wir prima vorwärts kamen. Und dann waren wir kurz nach vier schon am Nordrand des Weserberglandes, und wir fanden es irgendwie blöd, jetzt "so kurz vor zuhause" noch einmal zu übernachten. Da wir uns in Hamburg ja auch keine Unterkunft mehr suchen mussten, haben wir den Rest der Strecke kurzerhand auch noch unter die Räder genommen, zugegeben mit Autobahn (diesmal vorher die Staulage recherchiert und nicht bei Soltau längs!) ab Posthausen. So waren wir zwar spät zuhause, konnten aber gerade noch die leere Vorratskammer wieder auffüllen.

Tagesstrecke 585 km, km 122074
Gesamtstrecke 2576 km


zugehörige Bildergalerie Inhaltsverzeichnis